Die Zeichen bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in NRW stehen auf Arbeitskampf. ver.di fordert die für die etwa 65 000 Beschäftigten unter anderem in Seniorenzentren und Kitas die Erhöhung aller Monatslöhne um 10 Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von 13 Monaten, 100 Euro mehr Ausbildungsvergütung pro Monat und die tarifgerechte Bezahlung und Teilnahme an der Tariferhöhung für alle Beschäftigten in der offenen Ganztagsschule (OGS). Die UZ sprach mit Hajo Schneider über den Arbeitskampf.
UZ: Glaubt man den Arbeitgebern, setzt ver.di bei den laufenden Tarifverhandlungen bei der Arbeiterwohlfahrt in NRW auf Scharfmacherei. Die Gewerkschaft würde ohne Not die anstehenden Verhandlungen durch überzogene Positionen verschärfen, teilten sie in einer Presseerklärung mit. Die AWO hätte bereits ein Plus von sieben Prozent mit einer Laufzeit von 30 Monaten angeboten. Das sei ein wirkliches Jahrhundertangebot. Wie sieht das die Gewerkschaft?
Hajo Schneider: Wir glauben, dass dieses „Jahrhundertangebot“ eine Mogelpackung ist, weil die Kolleginnen und Kollegen Tätigkeiten übernehmen, die klassischerweise staatliche Aufgaben sind. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Kolleginnen und Kollegen bei der AWO genau so bezahlt werden müssen wie die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Deshalb ist das weder eine überzogene Forderung noch sind 30 Monate eine Laufzeit, die wir uns vorstellen können. Wir müssen jetzt heran an den TVÖD – und nicht irgendwann.
UZ: Wie hat ver.di ihre Forderungen entwickelt, wie waren die Gewerkschaftsmitglieder daran beteiligt?
Hajo Schneider: Wir haben Mitgliederversammlungen durchgeführt und die Forderungen diskutiert. Die Ergebnisse werden in der Tarifkommission zusammengeführt. Die Tarifkommission beschließt auf dieser Grundlage die Forderungen.
UZ: ver.di hat in den letzten Tagen zu Aktionen und Warnstreiks aufgerufen. Wie war die Resonanz in den Betrieben?
Hajo Schneider: Die war überraschend gut. Wir hatten in Düsseldorf mit 1 000 bis 1 300 Kolleginnen und Kollegen gerechnet, gekommen sind fast doppelt so viele. Die Beschäftigten in den Betrieben sind kampfbereit und sind auch bereit, für ihre legitimen Forderungen einzustehen.
UZ: Die Arbeitgeber werfen der Gewerkschaft vor, dass sie durch ihre angebliche Zuspitzung lediglich auf Mitgliederfang gehe. Wie wirkt die Kampf- und Streikbereitschaft der gewerkschaftlich organisierten Kolleginnen und Kollegen auf bisher unorganisierte aus?
Hajo Schneider: Auch Unorganisierte haben sich an den Aktionen beteiligt und unterstützen die Forderung nach einer Anpassung an den TVÖD, aber die Hauptlast tragen natürlich die bei ver.di organisierten Kolleginnen und Kollegen. Und es gibt Neueintritte in die Gewerkschaft, aber das ist ja in einer Tarifrunde normal.
UZ: Wie geht es jetzt weiter in eurer Tarifauseinandersetzung?
Hajo Schneider: Wir haben morgen (Stand Montag, 11. Februar) die nächste Verhandlungsrunde. Wir erwarten von den Arbeitgebern ein deutlich verbessertes Angebot. Unser Anspruch ist eine Gehaltsverbesserung von 10 Prozent auf 13 Monate, und das passt nicht mit dem Arbeitgeberangebot zusammen. Wir erwarten ein deutliches Signal für die Kolleginnen und Kollegen, die im OGS-Bereich beschäftigt sind, und wir erwarten, dass die Arbeitgeber ihre Blockade hinsichtlich der Vorteilsregelungen für Gewerkschaftsmitglieder aufgeben. Da fordern wir drei zusätzliche freie Tage für ver.di-Mitglieder.
Wenn sie morgen ein gutes Angebot vorlegen, werden wir uns einigen können, wenn es kein geeignetes Angebot gibt, wird ver.di am 18. Februar und vielleicht auch an anderen Tagen zu Streiks aufrufen.