Tarifrunde im Bauhauptgewerbe: Branche boomt, IG BAU braucht guten Abschluss

Arbeitgeber mauern

Von S. Baumeister

IG BAU: Lohnplus von 5,9 Prozent

Die IG BAU fordert für die rund 785 000 Beschäftigten am Bau ein Lohnplus von 5,9 Prozent. Darüber hinaus fordert sie für weit entfernte Baustellen, dass der Arbeitgeber die dortigen Unterkünfte stellt und bezahlt. Der 24. und der 31. Dezember sollen künftig auch für die gewerblichen Arbeitnehmer bei vollen Bezügen arbeitsfrei werden. Für Angestellte in der Bauwirtschaft gilt bereits seit Jahren eine entsprechende Regelung. Auszubildende sollen 100 Euro pro Monat und Ausbildungsjahr mehr erhalten und ihre Fahrt- sowie Übernachtungskosten im Rahmen der Berufsschulausbildung sollen vom Betrieb übernommen werden. Um den Wettbewerb fairer zu gestalten, fordert die IG BAU für den Osten die Wiedereinführung des Mindestlohn II.

Nach zweitägigen Verhandlungen ist die dritte Tarifrunde des Bauhauptgewerbes vertagt worden. Begleitet wurden die Tarifverhandlungen durch die Proteste von knapp zweihundert Bauarbeitern, die sich vor dem Verhandlungslokal in Wiesbaden eingefunden haben. Unbeeindruckt davon und vom Protest auf den Baustellen zeigten sich die Arbeitgeber. Somit trennten sich die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und die beiden Arbeitgeberverbände Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) sowie der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) am 26. April nach harten Diskussionen ohne Ergebnis.

„Trotz eines echten Verhandlungsmarathons konnten wir keine Einigung erzielen. Die Gespräche waren ungewöhnlich zäh. Die Arbeitgeber sind nicht bereit, sich auch nur einen Schritt vorwärts zu bewegen“, sagte der Stellvertretende IG-BAU-Bundesvorsitzende und Verhandlungsführer Dietmar Schäfers. „Diese Blockadehaltung macht mich fassungslos. Der Bau boomt wie seit Jahren nicht mehr. Die Branche ist die Lokomotive der deutschen Wirtschaft, aber die Arbeitgeber gönnen den Beschäftigten nichts. Sie sollen kein bisschen von der hervorragenden Baukonjunktur profitieren. Das hat nichts mehr mit Fairness und Wertschätzung zu tun. Am Ende sollen die Bauarbeiter wohl noch ihr eigenes Geld auf die Baustellen mitbringen. So läuft es nicht. Die Welt dreht sich andersherum!“

Die Arbeitgeberverbände zementierten ihr Angebot aus der 2. Verhandlungsrunde: 1,3 Prozent im Westen und 2 Prozent in den neuen Bundesländern. Auf weitere Forderungen der IG BAU nach Übernahme der Fahrt- und Übernachtungskosten während der Ausbildung reagierten sie, trotz „Nachwuchskräftemangel“ mit Achselzucken. Über die Wiedereinführung des Mindestlohns II im Osten und bezahlte arbeitsfreie Tage an Heiligabend und Silvester für die Beschäftigten im Bauhauptgewerbe sahen die Arbeitgeber keinen Gesprächsbedarf. Über die Erhöhung der Ausbildungsvergütung wollen die Arbeitgeberverbände erst nach der Lohnfindung sprechen.

Ein Schwerpunkt der Verhandlungen lag bei der Forderung nach Bereitstellung der Unterkünfte und Verpflegungspauschale für weit entfernte Baustellen. Die Vorstellungen der Arbeitgeber sind aber noch meilenweit von denen der IG BAU entfernt. Statt der geforderten Tagespauschale von 34,50 Euro für die Verpflegung bieten sie lediglich 24 Euro an. Zudem wollen sie einen Tarifabschluss für 24 Monate. Nach dem unveränderten Angebot für die ersten zwölf Monate bieten sie für das darauf folgende zweite Jahr ein Plus von 1,8 Prozent im Westen und 2,5 Prozent im Osten an.

„Solche Vorschläge sind eine Zumutung. Anerkennung der knüppelharten Leistung der Beschäftigten geht anders. Auf Dauer gerät so die gesamte Branche in ein schlechtes Licht. Nachwuchs wirbt man auf diese Weise sicher nicht“, sagte Schäfers dazu.

Für die IG BAU wird die Tarifrunde 2016 ein wichtiger Bestandteil für die Zukunft der Branche Bauhauptgewerbe. Nur ein deutliches Plus in der Geldbörse für die Beschäftigten kann der IG BAU in der gebeutelten Branche neue Perspektiven aufzeigen. Die ehemalige Hauptbranche der Baugewerkschaft entwickelt sich aktuell rückläufig.

Die Mitgliederzahlen schrumpfen im rasanten Tempo, diese Entwicklung kann nur mit attraktiven Tarifverträgen gestoppt werden. Ein deutliches Plus bei den Tarifverhandlungen, so hofft die IG BAU, könnte sich auch in der Mitgliederentwicklung der Gewerkschaft positiv darstellen.

Welchen Stellenwert der Tarifvertrag aktuell im Baugewerbe hat, zeigen die realen Zahlen. Ein großer Teil der Beschäftigten im Baugewerbe arbeitet zum Mindestlohn oder für einen Lohn, der unter dem Gesamttariflohn (Tariflohn plus Bauzuschlag) liegt. Für die IG BAU ist diese Tarifauseinandersetzung auch eine Existenzfrage, ein Tarifabschluss unter 3 Prozent im Baugewerbe wird nicht gerade Jubelstürme ausbrechen lassen.

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"Arbeitgeber mauern", UZ vom 6. Mai 2016



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