Zu den Lehren aus zwei Weltkriegen – Heraus zum Antikriegstag!

Arbeiter, hörst du sie nicht?

Am 1. September 1939 begann mit dem Überfall der faschistischen deutschen Wehrmacht auf Polen der Zweite Weltkrieg. Er kostete bis zu seinem Ende am 2. September 1945 nach verschiedenen Schätzungen zwischen 50 und 70 Millionen Menschen das Leben. Nehmen wir den Mittelwert dieser Schätzung, wurden jeden Tag dieser sechs Jahre rund 27.000 Menschen durch den Fleischwolf des Völkerschlachtens gedreht. Zu Recht wird daher der 1. September weltweit als Antikriegs- und Weltfriedenstag begangen – weil seit Hiroshima auch klar ist: Ein dritter Weltkrieg würde so lange wüten, bis von den heute auf der Erde lebenden acht Milliarden Menschen nur noch diejenigen übrig blieben, die die Toten beneiden.

Noch nie seit Kriegsende 1945 war die Gefahr eines Dritten Weltkriegs so groß wie heute. Um ihr zu begegnen, ist vor allem Klarheit über den Charakter des ersten und zweiten nötig. Es waren beides imperialistische Kriege. Ihre Treiber waren Monopole, die in ihrer Gier nach Profit bestrebt waren, ganze Länder mit Waffengewalt unter ihre Herrschaft zu zwingen. Die ihnen dienenden Staatsapparate waren bereit, hinter einer Nebelwand hehrer Worte und Ziele gewaltige Mordmaschinen aufzubauen und in Bewegung zu setzen. Beide Male saß die Zentrale, aus der die Angriffsbefehle letztlich ausgegeben wurden, in Berlin. Es gibt folglich eine besondere Verantwortung zwischen Oder und Rhein, diesen 1. September als Warnung ernst zu nehmen und alles zu tun, damit nicht erneut von Berlin aus der Tod in die ganze Welt zieht.

Sowohl in den ersten beiden imperialistischen Kriegen als auch in dem jetzt drohenden dritten bricht sich Bahn, was der 2018 verstorbene Philosoph Domenico Losurdo die „Tendenz des kolonialen Expansionismus, der dem Kapitalismus eigen ist“ nannte. Kapitalismus ist strukturell unfähig, sich damit abzufinden, dass irgendwelche Teile der Welt nicht nach der Pfeife seiner Werte – also vor allem der Verwertung menschlicher Arbeitskraft um des Profits willen – tanzen. Vom Donbass über das Südchinesische Meer bis in die Sahelzone zieht sich gegenwärtig ein Band von Bestrebungen früher vom Imperialismus unterdrückter Völker, sich gegen die Knute, die aus Washington, London, Berlin, Tokio und den anderen alten Mächten gegen sie geschwungen wird, zur Wehr zu setzen. Die alten Mächte wüten gegen Russland und China, weil vor allem Moskau und Peking ihnen gegenwärtig ihre ökonomischen, politischen und auch militärischen Grenzen aufzeigen. Sie ermutigen damit weltweit viele Völker, sich dem Joch der NATO-Staaten nicht länger zu beugen.

Ihnen muss im eigenen Interesse auch die Solidarität der in den westlichen Ländern vom Kapital ausgebeuteten arbeitenden Menschen gelten. Denn auch das ist ein Lehre aus den bisherigen Weltkriegen: Am Anfang schienen die Opfer vor allem jenseits deutscher Landesgrenzen zu bluten. Oft erst im Nachhinein, im November 1918 oder Mai 1945, wurde Millionen deutscher Arbeiter und Angestellter klar, dass sie nicht nur Täter, sondern auch selbst Opfer waren. Dass sie Instrumente waren, die erst Waffen schmiedeten, sie dann gegen andere richteten und am Schluss selbst gerichtet wurden. Vor allem deutsche Gewerkschaften stehen daher in der Pflicht, nach zwei von Deutschland ausgelösten Weltkriegen diesmal klug zu werden, bevor der große Krieg beginnt. Rechtzeitig klug werden heißt heute: Kein Krieg, sondern Frieden und Zusammenarbeit mit Russland und China!

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"Arbeiter, hörst du sie nicht?", UZ vom 25. August 2023



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