Die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, hat sich öffentlich geäußert: „Arbeiten ist kein Ponyhof.“ Der „Tagesspiegel“ sieht das als Kritik an der „Lebensphilosophie vieler junger Menschen“ und zitiert die Dame: „Fragen der Work-Life-Balance müssen neu ausgehandelt werden, wie meine Generation die Verteilung der Arbeit zwischen Frau und Mann in Familien neu ausgehandelt hat.“ Selbst der „Stern“ macht online auf mit „Andrea Nahles fällt der jungen Generation völlig ungerechtfertigt in den Rücken.“ Denn Fakt ist: Gerade junge Erwachsene haben überproportional häufig ein Beschäftigungsverhältnis mit einem Niedriglohn. Nahles fordert die Eltern von Schulabgängern zu mehr Flexibilität bei der Beratung ihrer Kinder auf. Sicherlich meint sie nicht die Akademikereltern, die ihre Kinder wohlbehütet auf die Universitäten unseres Landes vorbereiten können. Denn auch bei den Studienabbrechern ist häufig die Herkunft entscheidend: Von ihnen kommen nur 16 Prozent aus Elternhäusern, in denen beide Eltern Akademiker sind. Diese Gruppe stellt hingegen über ein Viertel aller erfolgreichen Absolventen. Und bereits vor Corona gaben Studienabbrecher aus Familien mit Migrationshintergrund fast zur Hälfte an, dass ihre finanzielle Situation entscheidend für den Abbruch war. Ansonsten liegt die Quote etwa bei einem Drittel. Es bleibt vielfach dabei, dass in unserem Land gute und schlechte Berufschancen weitervererbt werden. Das ist nichts Neues. Und dass die Schuldzuweisungen dafür an die Schwachen gehen, auch nicht. Danke für dieses Nichts, Frau Nahles.
„Arbeiten ist kein Ponyhof“
Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.
An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)