Apologie von Opportunismus statt antimonopolistischer Strategie

Von Jürgen Lloyd, Elke Mehner, Thomas Mehner

Der Leitantragsentwurf hat einen analytischen Teil. Dessen Kernaussage, das Monopolkapital sei „das strukturbestimmende Wesensmerkmal des Imperialismus“, stimmen wir zu und ziehen auf dieser Basis den Schluss: Wenn die Herrschaft des Kapitalismus unter den heutigen Bedingungen nur noch als monopolkapitalistische Herrschaft realisierbar ist, dann ist es richtig, unseren Kampf zum revolutionären Sturz des Kapitalismus und zu seiner Ablösung durch den Sozialismus konsequenterweise als antimonopolistischen Kampf zu führen. Eine so begründete antimonopolistische Strategie wäre aber deswegen etwas anderes, als es derzeit in der Debatte erscheint – nämlich Klassenkampf gegen das Kapital, gegen die (politische, ökonomische, ideologische) Macht der Monopole.

Sobald der Antragsentwurf den analytischen Teil und den Bereich reiner deklamatorischer Behauptungen verlässt und zu Aussagen kommt, die unmittelbar die praktisch-politische Umsetzung betreffen, zeigt sich der wirkliche Charakter dieses Textes: Der Leitantragsentwurf wird zwar als antimonopolistische Strategie verkauft, ist aber etwas damit nicht Vereinbares – nämlich der Versuch, die Orientierung auf opportunistische Praxis zu rechtfertigen. Die „richtigen“ Aussagen in anderen Textteilen stellen dann keine Abhilfe dar, sondern lediglich die Verschleierung dieser falschen Orientierung. Das zeigt sich in den Abschnitten, die sich mit antifaschistischer Strategie beschäftigen. Dort findet sich folgende Aussage: „Zur politischen Isolierung der Rechtskräfte, insbesondere der AfD […], sind breiteste Bündnisse auch unter Einschluss bürgerlich-antifaschistischer und demokratischer Kräfte einzugehen, ohne dass wir unsere marxistische Analyse und weitergehende Forderungen aufgeben bzw. auf deren Propagierung verzichten. Maßstab für den Erfolg unserer antifaschistischen Bündnisstrategie ist dabei der Grad der Zurückdrängung des Einflusses rechter Ideologie und Organisationen unter den Werktätigen durch die Mobilisierung für ihre eigenen Interessen gegen das Kapital.“ Eine antimonopolistische Strategie würde zu Recht im Monopolkapital die Ursache der Rechtsentwicklung und die Quelle faschistischer Gefahr sehen. Doch dieser Gegner erscheint in der zitierten Aussage gar nicht mehr. Statt – wie es richtig wäre – auf die Isolierung dieses Klassenfeinds von der übrigen Bevölkerung zu orientieren, redet der Antragsentwurf von der Isolierung „der Rechtskräfte“ und versteht darunter die AfD und die Akteure und Mitglieder faschistischer Sammlungsbewegungen. Als Kriterium für den Erfolg des antifaschistischen Kampfs wird die erfolgreiche Zurückdrängung nicht etwa der Macht der Monopole, sondern des Einflusses rechter Ideologie und Organisationen angeführt. Eine strategische Orientierung, die sich nur gegen die Verführer und Verführten richtet, nicht aber gegen die als Gegner identifizierten Klassenkräfte, deren Herrschaft die Verführung erst hervorbringt und ermöglicht, ist eine opportunistische, falsche Orientierung. Dieser Fehler zeigte sich bereits, als der PV im Juni 2016 erklärte, das „politische Anliegen“ des Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“ zu begrüßen, statt dessen falsche strategische Orientierung zu kritisieren.

Marxistisch-leninistisches Verständnis erkennt die Herrschaftsausübung der Monopole als Grund der Rechtsentwicklung, welche sowohl das Entstehen faschistischer Massenbewegungen befördert als auch in der Tendenz den Bedarf und mithin die Gefahr für einen Übergang zur faschistischen Form der eigenen Herrschaft beinhaltet. Es ist nicht – wie der Antragsentwurf behauptet – „der Faschismus“, der „die Liquidierung der Errungenschaften der bürgerlichen Demokratie“ anstrebt, sondern es sind und waren die herrschenden Monopole und deren Sachwalter und Regierungen. Als die NSDAP noch bei 2,6 Prozent der Reichstagswahlstimmen hing, war es der Reichsverband der Deutschen Industrie, welcher 1929 die Rücknahme parlamentarisch-liberaler Rechte und sozialer Errungenschaften der bürgerlichen Republik forderte und es war die Brüning-Regierung, welche anschließend die Liquidierung der bürgerlichen Demokratie betrieb. Statt – wie die Sozialdemokraten damals – eine opportunistische Strategie des „kleineren Übels“ zu verfolgten, würde eine antimonopolistische Strategie heute auf den Kampf gegen die wirklichen Verursacher der Rechtsentwicklung orientieren und nicht den Fehler wiederholen, in den „Nazis“ die Quelle der faschistischen Gefahr zu sehen.

Die ideologische Schwäche in unserer Partei macht sich nicht zuletzt in diesem Leitantragsentwurf bemerkbar. Wir meinen, die fehlerhafte Theorie erwächst aus dem Bedarf, eine opportunistische Praxis zu rechtfertigen. Was würde es dann aber bringen, lediglich den Text dieses Entwurfs zu verbessern?

Unsere Vorwürfe benötigen natürlich eine ausführliche Begründung, die hier bei 5 000 Zeichen nicht möglich ist. Daher sei auf die Fassung unserer Kritik auf news.dkp.de verwiesen.

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"Apologie von Opportunismus statt antimonopolistischer Strategie", UZ vom 13. Oktober 2017



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