Manfred Sohns alternativer Ratgeber gegen die AfD

Antikapitalistische Strategie

Von Franz Anger

antikapitalistische strategie - Antikapitalistische Strategie - AfD, Politisches Buch, Rezensionen / Annotationen - Theorie & Geschichte

Manfred Sohn

Falsche Feinde

Was tun gegen die AfD?

Ein alternativer Ratgeber

(konkret texte 70)

KVV konkret, Hamburg 2017

127 Seiten, 13,50 Euro

Weil die staatstragenden Akteure der hiesigen Marktwirtschaftsdemokratie die Alternative für Deutschland (AfD) lediglich moralisierend als Störfall und politischen Irrläufer attackieren, hat Manfred Sohn unlängst unter dem Titel „Falsche Feinde“ einen alternativen Ratgeber zum Umgang mit dieser Partei vorgelegt. Alternativ ist Sohns Buch deshalb, weil es die AfD nicht – wie es üblicherweise geschieht – mittels Populismusschelte auszugrenzen versucht. Vielmehr setzt der Autor sich argumentativ mit der AfD-Programmatik auseinander, indem er sie als „pervertierte Revolte“ gegen das herrschende Marktwirtschaftssystem kritisiert. Dergestalt werden die Führungskräfte der AfD als falsche Feinde des Systems bestimmt.

Staatstragende Populismusschelte

Dass die staatstragenden Akteure die AfD nicht inhaltlich kritisieren, sondern deren Personal als Populisten schelten, hat zwei Gründe. Erstens betrachten jene die AfD als unliebsame Konkurrentin beim Wettstreit um die Wählerstimmen; und zweitens gibt es keine grundsätzlichen Differenzen zwischen den etablierten Parteien und den alternativen, da beiden Lagern die warenproduzierende Marktwirtschaftsgesellschaft als zweite Natur erscheint. Als Beleg für die Wählerstimmenkonkurrenz zitiert Manfred Sohn die CDU-Vizevorsitzende Ursula von der Leyen. Sie bezeichnet die Wahlerfolge der AfD zwar als „bitter“, geht aber davon aus, „dass es künftig in den Landtagen einfacher wird, die AfD als dumpfe Dagegen-Partei zu demaskieren“ (Seite 85). Wie ähnlich sich die etablierten Parteien und die AfD im Grunde sind, zeigt der Währungsstreit. Um die unternehmerische Profitmaximierung, deren Grundlage die Vernutzung von lohnabhängigen Menschen als variables Kapital bei der Produktion von Waren ist, staatspolitisch zu befördern, setzen CDU, SPD, FDP, Grüne und Linkspartei auf den Euro als europäische Währung. Dagegen plädiert die AfD aus demselben Grund für die Rückkehr zur nationalen Währung namens DM (S. 32 f.).

Pervertierte Revolte

Angesichts dessen, dass die Welt aus den Fugen gerät, will die AfD die Marktwirtschaftskrise auf deutschnationale Weise bewältigen. So sollen – nach dem bornierten Willen der völkischen Partei – beispielsweise die fremdländischen Konkurrenten auf dem deutschen Arbeitsmarkt beseitigt werden. Nicht beseitigt werden soll hingegen die existenzvernichtende Konkurrenz der lohnabhängigen Menschen um die Arbeitsplätze, obgleich die Arbeitsplatzkonkurrenz die Arbeitsmigranten hervorbringt. Auch in Sachen Militär schwadroniert die AfD deutschnational, indem sie sich für die Stärkung der Bundeswehr ausspricht, da sie „mit der Weltspitze Schritt zu halten“ habe (S. 28). Weil aber eine Armee ohne Kernwaffen schwerlich in der Weltspitze autonom agieren kann, wäre der Ruf nach der deutschen Atombombe folgerichtig. Allerdings steht die deutsche Atombombe, wie die UZ in ihrer Ausgabe vom 23. Juni 2017 berichtet, bereits auf der Agenda der Staatsgewalt, woran sich die Überlegenheit der liberalen Nationalisten gegenüber den völkischen zeigt.

Tatsächliche Revolte

Um der „pervertierten Revolte der AfD“ gegen die Zumutungen des kapitalistischen Marktwirtschaftssystems den Boden zu entziehen, müsse – so Manfred Sohn – eine „tatsächliche Revolte“ organisiert werden (S. 107 ff.). Dass dies nicht durch den Gang zur Wahlurne zu bewerkstelligen ist, weiß der Autor: „Im Zentrum der Mittel dieses Kampfes steht nicht die Selbstbeschränkung auf den heimlichen Abwurf von Wahlzetteln in dafür vorgesehene Behälter, nicht also die Abgabe, sondern die (Wieder-)Gewinnung der selbstbewussten Stimme der vom Kapitalismus zu Objekten der Geldverwertung gemachten Menschen. Die Überwindung der kapitalistischen Kategorien fällt mit der politischen Subjektwerdung der Menschen zusammen. Sie werden dabei auf das gesamte Erfahrungsspektrum der historischen Klassenkämpfe zurückgreifen müssen.“ (S. 109) Überwunden werden müsse auf diesem Wege die marktwirtschaftliche Produktionsweise, in der es um die Profitmaximierung der Unternehmen, nicht aber um das Wohlergehen der Menschen geht. Durch den Kampf gegen das menschenfeindliche Profitmotiv, unter dessen Joch die Menschen stehen, werde zugleich die systemkonforme Alternativpartei bekämpft – was übrigens auch für die Regierungsparteien gilt.

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"Antikapitalistische Strategie", UZ vom 14. Juli 2017



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