Die G7-Staatschefs versuchten auf ihrem Treffen am letzten Wochenende den Eindruck zu erwecken, als seien sie weiterhin die Herren der Welt. Boris Johnson inszenierte in St. Ives im britischen Cornwall sein „Global Britain“. Ursula von der Leyen und Charles Michel durften für die zerbröselnde EU mitgrinsen. Die Einladung der QUAD-Verbündeten Australien und Indien machte die Anti-China-Stoßrichtung deutlich. US-Präsident Joseph Biden hatte hier wenig Unklarheit gelassen. Auch Südkorea und Südafrika sollten ins Boot der Chinakämpfer geholt werden. Wie in alten Zeiten, als sich die G7 als der harte Kern der Kalten Krieger gegen alles, was nach Fortschritt und Kommunismus aussah, verstand, soll sie nun zur Zentrale eines antichinesischen/antirussischen Feldzuges werden. Zumindest, wenn es nach den Plänen der US-Strategen geht.
Ob das funktioniert, ist eine andere Sache. Damals standen die G7 für zwei Drittel der Weltwirtschaftskraft. Heute werden zwei Drittel außerhalb der G7 produziert. Nicht die USA, China ist der weltgrößte Warenproduzent, der größte Markt, der größte Exporteur und der stärkste Magnet für ausländische Direktinvestitionen. Angela Merkel ist klar, dass sie sich angesichts der ökonomischen Abhängigkeiten eine harte Anti-China-Haltung gar nicht leisten kann. Emmanuel Macron, Mario Draghi und Moon Jae-in geht es nicht anders.
Den neuen Kalten Kriegern liegt vor allem die „Belt and Road Initiative“ (Seidenstraße) im Magen. Um nicht nur destruktiv als Kriegstreiber, Wirtschaftskrieger, Finanzhaie und Erpresser wahrgenommen zu werden, die im besten Mafia-Style der Welt ihre „regelbasierte (Ausbeuter-)Ordnung“ aufzwingen, haben die G7 Bidens Wahlkampfslogan „Build Back Better World“ (B3W) übernommen. Das letzte Mal, dass „der Freie Westen“ ein sozialintegratives Investitions- und Infrastrukturprogramm realisiert hat, ist 70 Jahre her. Der Marshallplan war notwendig, um Sozialisten und Kommunisten in Europa von der Macht fernzuhalten. Damals war das US-Imperium der Gläubiger der Welt. Heute ist es de facto Pleite und völlig überschuldet. „B3W“ dürfte kaum mehr als eine der üblichen Luftnummern aus der PR-Abteilung der US-Demokraten werden. „Belt and Road“ dagegen ist ein Billionenprojekt, an dem über 150 Staaten beteiligt sind und das den unschlagbaren Vorteil hat, verwirklicht zu werden. Hier spielt die Musik.