Angriff auf Natanz soll Wiederbelebung des Atomabkommens verhindern

Anschlag auf Verhandlungen

Ein Krieg im Schatten: Immer wieder in den letzten Jahren wurden israelische, vor allem aber iranische Schiffe von Unbekannten beschädigt. Der letzte derartige Vorfall betraf die „Saviz“, ein Schiff, das iranische Sondereinheiten im Kampf gegen Piraten unterstützt. Und dann der große Knall: ein Anschlag auf die nukleare Anreicherungsanlage Natanz, die schwer gesichert 50 Meter tief unter der Erde liegt. Für die iranische Regierung waren die Verhandlungen in Wien um die Wiederbelebung des Atomabkommens und ein Ende der Sanktionen Ziel des Anschlags. Sie sollten gestört und womöglich abgebrochen werden. Aber der Iran würde „nicht in die Falle gehen“. Die Verhandlungen werden fortgesetzt.

Die USA haben unter Präsident Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt und nehmen nicht an den in Wien laufenden Verhandlungen teil, sind aber indirekt eingebunden. Zwei Arbeitsgruppen beschäftigen sich jeweils mit den Sanktionen der USA und den Maßnahmen des Iran. So soll zunächst einmal eine Liste der Hunderte oder womöglich Tausende Sanktionen der USA gegen den Iran aufgestellt werden.

Inzwischen stärkte der Iran seine Verhandlungsposition. Der Anschlag auf Natanz wurde in israelischen Medien und darüber hinaus gefeiert: „Tausende Zentrifugen“ seien zerstört, das „iranische Atomprogramm“ sei um Monate zurückgeworfen. Doch der Iran verkündete als Antwort, spaltbares Uran auf eine Reinheit von 60 Prozent anzureichern. In Natanz seien lediglich alte Zentrifugen der ersten Generation zerstört worden, die nun durch moderne Zentrifugen ersetzt würden.

Jetzt hat auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigt, dass der Iran auf 60 Prozent angereichertes Uran produziert habe. Die Anreicherung auf 60 Prozent werten die Golfstaaten und die EU als unnötige Eskalation. Dabei hat die EU selbst mit erneuten Sanktionen ausgerechnet während der Verhandlungen in Wien provoziert.

Ziel der EU und der USA war ursprünglich, das Atomabkommen auf weitere technologische Gebiete auszuweiten. Dieses Ziel ist zunächst einmal in weite Ferne gerückt. Denn mittlerweile haben sich aufgrund der aggressiven Politik „des Westens“ Russland und insbesondere China deutlicher positioniert. Wang Qun, der chinesische Botschafter bei den UN und anderen internationalen Organisationen, rief die USA auf, unverzüglich und bedingungslos in das Atomabkommen zurückzukehren und die Sanktionen aufzuheben. Und zur Anreicherung auf 60 Prozent bemerkt die chinesische Nachrichtenagentur „Xinhua“ lakonisch, dies habe Besorgnis „bei europäischen Mächten und den USA“ ausgelöst.

Der israelische Außenminister betonte, Israel werde weiterhin alles tun, was nötig sei, um das „extremistische und antisemitische Regime in Teheran“ daran zu hindern, Atomwaffen zu erlangen. Etliche Geheimdienstoperationen wurden in die Öffentlichkeit getragen, offenbar um die Verhandlungen in Wien zu stören. Im Rahmen einer Kabinettssitzung am Sonntag wurde die Befürchtung laut, die USA würden „um jeden Preis“ eine Vereinbarung mit dem Iran anstreben. US-Präsident Joseph Biden dagegen erklärte, die USA seien nur zu begrenzten Zugeständnissen bereit.

Für die USA wurde deutlich, dass die Politik des maximalen Drucks gescheitert ist. Und auch der Iran ist ernsthaft an einem Ergebnis der Verhandlungen interessiert. So arbeiten Iran und Südkorea mit anderen Ländern zusammen, um die Freigabe eines in Südkorea eingefrorenen, mehrere Milliarden Dollar umfassenden iranischen Guthabens zu erreichen. Ein Ende der Sanktionen ist für den Iran unverzichtbar – und würde die Wahlen im Juni beeinflussen.

Der Krieg bleibt vorerst im Schatten.

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"Anschlag auf Verhandlungen", UZ vom 23. April 2021



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