Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat Anklage gegen fünf der zwölf Polizeibeamte erhoben, die an dem tödlichen Einsatz gegen den 16-jährigen Geflüchteten Mouhamed Lamine Dramé am 8. August 2022 beteiligt waren. Das bestätigte der Bochumer Rechtsanwalt Michael Emde am 14. Februar. Emde vertritt den Dienstgruppenleiter, der sich wegen Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten muss. Er soll den Einsatz von Pfefferspray und Tasern gegen den Jugendlichen befohlen haben. Der mutmaßliche Todesschütze ist wegen Totschlags angeklagt, drei weitere Polizisten wegen gefährlicher Körperverletzung. Oberstaatsanwalt Carsten Dombert rechnet damit, dass das Verfahren noch in diesem Jahr vom Schwurgericht des Landgerichts Dortmund eröffnet wird.
„Das ist eine gute Nachricht für die ganze Familie, dass es Gerechtigkeit geben wird und sich die Polizisten vor Gericht werden verantworten müssen“, sagte Sidy Dramé gegenüber dem „WDR“. Sidy ist der Bruder des erschossenen Mouhamed Dramés. Auch die Dortmunder Rechtsanwältin Lisa Grüter begrüßt den Prozess. Sie vertritt die Familie des Opfers vor Gericht. Eine Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge wäre juristisch falsch gewesen, sagte Grüter dem „WDR“. Sie hofft, dass das Gerichtsverfahren bald beginnt: „Für die Öffentlichkeit und die Familie ist es ausgesprochen wichtig, dass zeitnah eine Aufklärung der gesamten Tat erfolgt.“
Grüter kritisierte auch Falschinformationen in einigen Medien, die die an dem Einsatz beteiligten Polizisten in besseres Licht rückten. „Da wird berichtet, dass Mouhamed mit dem Gesicht zur Wand gestanden haben und dann auf die Beamten zugerannt sein soll. Das lässt sich nach Aktenlage und den Zeugenaussagen alles so nicht bestätigen.“ Erst der Einsatz von Pfefferspray durch Beamte habe zur Eskalation geführt: „Die Lage war statisch. Und aus meiner Sicht ging von Mouhamed keine Gefahr für eine dritte Person aus.“
Die Ermittlungen waren schleppend angelaufen und erst nach Protesten auf der Straße in Dortmund, Köln und weiteren Städten sowie Druck der Opposition im Düsseldorfer Landtag in Gang gekommen.
Ein Betreuer der katholischen Jugendeinrichtung St. Antonius in der Dortmunder Nordstadt hatte am Nachmittag des 8. August 2022 die Polizei verständigt, weil der suizidgefährdete Dramé mit einem Messer alleine auf dem geschlossenen Innenhof der Jugendhilfeeinrichtung saß. Die herbeigerufenen Polizisten schalteten weder ein Kriseninterventionsteam noch einen Dolmetscher ein. Stattdessen besprühten sie den Jugendlichen mit abgelaufenem Reizgas und setzten dann zwei mal eine Distanz-Elektroimpulswaffe ein. 0,717 Sekunden nach dem zweiten Taser-Einsatz mähte ein Polizist Dramé mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole nieder. Dramé starb kurz darauf im Krankenhaus.
UZ hat immer wieder über den Dortmunder Polizeimord berichtet.