Aufmarschverbot für „Legida“ am 9. November gefordert

Anhaltende Hass-Offensive

Von Markus Bernhardt

Bereits seit Monaten kommt es im gesamten Bundesgebiet zu Massenaufmärschen von extremen Rechten und Rassisten. Alleine in der vergangenen Woche gingen erneut Tausende Rechte auf die Straße. Während die reaktionären Proteste im Osten der Republik weiter Zulauf haben, ebbt die Unterstützung neofaschistischer Aufmärsche im Westen aktuell wieder ab. So folgten am vergangenen Freitag in Düsseldorf nur noch deutlich unter 50 Rechte einem neuerlichen Aufmarsch, zu dem die Neofaschistin Melanie Dittmer und ihr Zusammenschluss „Düsseldorf gegen die Islamisierung des Abendlandes“ („Dügida“) aufgerufen hatte. An den Gegenprotesten nahmen hingegen über 300 Antifaschisten teil. Unter dem Motto „Nein zum Asylmissbrauch“ versuchten sich am letzten Sonnabend auch die Rassisten der Splitterpartei „Pro NRW“ in der Hetze gegen Flüchtlinge einzuschalten. Dabei blieben sie weitgehend unter sich. Weniger als ein Dutzend Rechte nahm an der Hass-Kundgebung teil.

Zu weiteren Aufmärschen kam es unterdessen auch am vergangenen Sonnabend in Stralsund und Berlin. Parallel zu einem Aufmarsch von etwa 400 Nazis in Stralsund gingen dabei zehn Autos, die offenbar allesamt Teilnehmern des rassistischen Aufzuges gehörten, in Flammen auf. Gegen den braunen Spuk hatten zuvor rund 200 Nazigegner protestiert. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf. Gegen einen Aufmarsch der sich zunehmend offen rechtsextrem gerierenden AfD vor der CDU-Parteizentrale in Berlin protestierten am Sonnabend über 350 Nazigegner. Die sozialchauvinistische AfD hatte nur rund 150 Personen mobilisieren können.

Hingegen gelang der AfD in Erfurt trotz Teilnahmeverlusten ein neuerlicher Erfolg. Zwar halbierte sich die Zahl im Vergleich zur Vorwoche, trotzdem versammelten sich immerhin noch 4 000 Rechte, um gegen Flüchtlinge zu hetzen und von „Lügenpresse“ und „Volksverrätern“ zu schwadronieren. Gegen den Aufmarsch der AfD, an dem erneut auch Neonazis teilnahmen, demonstrierten rund 2 500 Nazigegner.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sprach sich mittlerweile für eine Beobachtung der AfD durch den „Verfassungsschutz“ aus. Personen wie Thüringens AfD-Chef Björn Höcke seien „von Neonazis nicht mehr zu unterscheiden“, so Stegner. „Solche Typen“ seien „ein Fall für Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft“, konstatierte der SPD-Politiker weiter.

Für den 7. November hat die AfD unterdessen einen bundesweiten Großaufmarsch mit über 10 000 Rechten durch Berlin angekündigt. Die neofaschistische NPD mobilisiert bereits für den 2. November zu einem Aufmarsch, der unter dem Motto „Das Boot ist voll – Asylbetrüger abschieben!“ stehen soll, nach Berlin. In Remagen, einer kleinen Stadt am Rhein zwischen Koblenz und Bonn, wollen am 21. November bereits zum siebten Mal in Folge Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet aufmarschieren, um an von den Alliierten inhaftierte Faschisten zu erinnern. Auch hier rufen Nazigegner zu Protesten und Blockaden auf.

Volker Külow, Vorsitzender des Stadtverbandes der Leipziger Linkspartei, forderte unterdessen den dortigen Oberbürgermeister auf, einen ausgerechnet für den 9. November vorgesehenen Aufmarsch des rassistischen „Legida“-Netzwerkes zu verbieten. „Am 9. November vor 77 Jahren brannte die Große Synagoge in Leipzig lichterloh. Aber nicht nur in Leipzig tobte der nationalsozialistische Mob. In ganz Deutschland brannten Synagogen, wurden Läden jüdischer Besitzer zerstört, tausende Menschen misshandelt und erschlagen. Dieser schwarze Tag ist als Reichspogromnacht in die Geschichtsbücher eingegangen“, erinnerte Külow in einer Erklärung.

Wie jedes Jahr fänden auch dieses Jahr in Leipzig am 9. November Gedenkveranstaltungen und Mahnwachen für die Opfer der NS-Diktatur statt. „Sie beginnen mit 139 Mahnwachen an den Stolpersteinen in unserer Stadt, setzen sich mit dem anschließenden Friedensgebet in der Nikolaikirche fort, gehen dann weiter mit dem dort beginnenden Gedenkmarsch zur Gedenkveranstaltung in der Gottschedstraße am Mahnmal der ehemaligen Synagoge und mündet am Ende in einer Abschlussveranstaltung in der Thomaskirche“. „Legida“ plane parallel dazu ihre montägliche Kundgebung und möchte darüber hinaus dazu einen „Spaziergang“ durchführen. „Damit würde Legida sowohl den Gedenkmarsch zur Erinnerung an den 9. November 1938 von der Nikolaikirche zur Gottschedstraße, als auch dessen Rückweg in die Innenstadt zur Thomaskirche kreuzen“, warnt Külow. „Das ist nach unserer Auffassung bei allem Respekt vor dem hohen verfassungsrechtlichen Gut der Demonstrationsfreiheit in keiner Weise akzeptabel und eine Verhöhnung des Gedenkens an die Opfer des nationalsozialistischen Terrors“.

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"Anhaltende Hass-Offensive", UZ vom 30. Oktober 2015



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