Hetzkampagne gegen Demonstration am 3. Oktober angelaufen

Angst vor dem Frieden

Wo kriegt die ukrainische Regierung nur diese Typen her? Liegt es am Vorrang des Militärs? Wenn Heerscharen junger Männer auf offener Straße eingefangen, in Uniformen gesteckt und zum Sterben an die Front geschickt werden, versinkt der restliche Staatsapparat im Fachkräftemangel. Anders ist kaum zu erklären, dass das Regime in Kiew mit Oleksij Makejew einen Botschafter für Deutschland gefunden hat, der nahtlos an das Fremdscham verbreitende Wirken seines Vorgängers Andrej Melnik anknüpft.

In einer wütenden Tirade auf „X“ wetterte Makejew am vergangenen Montag gegen die große Friedensdemonstration am 3. Oktober in Berlin. Die Veranstaltung bezeichnete er als die „nächste ‚Friedensshow‘, bei der die Ukraine zum Bestpreis verhökert“ werde. Im Anschluss arbeitete der Botschafter sich fleißig an Sahra Wagenknecht (BSW) ab, die mit „ihrer Maklertätigkeit für Moskau“, dem „gesamten Haus Europa“ schade. Den SPD-Bundestagsabgeordneten Ralf Stegner beschimpfte er auf ebenso kreative wie unverständliche Weise als „weiteren Stuntman“. Sein Land brauche „keine Vermittler, sondern Verbündete“. Denn ein „Scheinfrieden wäre teuer“.

Die Angst vor dem Frieden geht um. Nicht nur in der kleinen elitären Kaste der ukrainischen Regierung, deren Machterhalt an den Fortgang des Krieges geknüpft ist. Auch in der deutschen Medien- und Politiklandschaft sorgt der 3. Oktober schon vorab für Aufsehen. Vor allem Stegner musste immer wieder einstecken, seit er als Redner angekündigt wurde. Ob bei Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) oder Michael Roth (SPD), der Zorn war groß. Stegner reagierte auf „X“ und kündigte an, „mit niemandem gemeinsam“ aufzutreten und „in der Rede MEINE Auffassung als Sozialdemokrat“ darlegen zu wollen. Seine Kritiker rief er dazu auf, erst im Anschluss zu urteilen. So werden es auch die tausenden Demonstrationsteilnehmer halten, die sich von Stegners Rede das Aufglimmen einer möglichen SPD-Opposition gegen den Kriegskurs erhoffen.

Man darf erwarten, dass die Hetze gegen die Friedensbewegung weiter Fahrt aufnimmt. Dass das jemanden davon abhält, am 3. Oktober nach Berlin zu fahren, dürften die Kriegstreiber in den Botschaften, Parlamentssesseln und Redaktionsstuben hingegen selbst nicht glauben.

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"Angst vor dem Frieden", UZ vom 20. September 2024



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