„Vor uns liegende Klassenkämpfe“ hieß das Thema des Referats von Olaf Harms, vorgetragen auf der 4. Tagung des Parteivorstandes der DKP. Harms, Leiter der Kommission für Betrieb und Gewerkschaft beim PV, blickte darin auf die Tarifrunden im Öffentlichen Dienst zurück und auf die derzeit laufende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie.
Trotz Corona sei die Beteiligung der Beschäftigten des Bundes und der Kommunen an der Tarifrunde sogar besser gewesen als in den Vorjahren, so Harms. Auch sei es ver.di gelungen, eine entsprechende Zahl an Mitgliedern zu gewinnen. Das Ziel einer Verschiebung der Tarifrunde auf die Zeit nach der Pandemie habe ver.di allerdings verfehlt, die lange Laufzeit von 28 Monaten sei zu kritisieren, auch wenn Schritte zur Aufwertung der Pflege und eine soziale Komponente vereinbart werden konnten. „Corona saß als unsichtbarer dritter Verhandlungspartner mit am Tisch“, schätzte Harms ein – dies hätten die Arbeitgeberverbände von Anfang an auszunutzen versucht.
In den Tarifverhandlungen beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sei es um die Durchsetzung eines bundesweiten Rahmentarifvertrags gegangen. Die Streikbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen sei hoch gewesen. ver.di habe „sehr geschickt“, wie Harms betonte, die Umweltbewegung in die Auseinandersetzung mit einbezogen, um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen. Der bundesweite Rahmentarifvertrag sei dennoch nicht erreicht worden.
Für kommende Tarifauseinandersetzungen müsse die Forderung nach Re-Kommunalisierung privatisierter Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge – wie zum Beispiel Krankenhäuser – auf den Tisch. Corona habe die Mängel des Gesundheitswesens für viele deutlich sichtbar gemacht, daran sei anzuknüpfen. Der DKP sei es an einigen Orten gelungen, zumindest im Gesundheitswesen die Tarifauseinandersetzung im Öffentlichen Dienst aktiv zu begleiten. Im Bereich des ÖPNV sei dies aber nicht gelungen.
Harms machte einige Anmerkungen zu den Rahmenbedingungen der Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie, zu denen gehöre, dass insbesondere in der Automobilindustrie ein „klassischer Prozess der Monopolisierung“ stattfinde. Die Verschärfung des Kampfes um Marktanteile erhöhe den Druck auf die Beschäftigten. Durch die Pandemie seien 2020 ein Produktionsrückgang und ein Anstieg von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit zu verzeichnen gewesen. In der Metall- und Elektroindustrie sei „in über 51 Prozent der Betriebe Leiharbeit abgebaut worden“, so Harms, auch der Einsatz von Werkverträgen und Befristeten sei zurückgefahren worden. Die „Stammbelegschaften“ seien dadurch insgesamt aber nicht geschützt worden: 16 Prozent aller Betriebe hätten Personal abgebaut.
In der Automobilindustrie hätten VW, BMW und Daimler bei den Gewinnen zwar an die Vorjahreszahlen anknüpfen können, doch die Absatzzahlen seien zurückgegangen. Harms erklärt dies dadurch, dass Daimler beispielsweise die Lohnkosten gesenkt habe, indem weltweit rund 13.000 Stellen gestrichen worden seien.
Die Tarifforderungen der IG Metall seien auf diesem Hintergrund und unter Einbeziehung der Beschäftigten per Online-Befragung formuliert worden. Ein Ergebnis sei das „offensive Instrument“ einer optionalen Viertagewoche bei Teillohnausgleich, das helfen solle, Beschäftigung zu sichern. Aus Sicht der DKP sei die Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit zu begrüßen, der Teillohnausgleich dagegen zu kritisieren. Die DKP fordert Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich.
Grundsätzlich gelte es, die Automobilproduktion „aus der Konkurrenz um Markt und Marktanteile“ herauszuholen, so Harms. Diese Einsicht in die Notwendigkeit sei aber nur bei sehr wenigen Gewerkschaftsmitgliedern vorhanden. Die Debatte um diese Frage werde bei IG Metall und DGB auch gar nicht geführt. Es gehe den Gewerkschaften vielmehr darum, die „Folgen der kapitalistischen Krise für die Betroffenen zu minimieren“.
Zu kritisieren sei auch, dass „Gewerkschaften ihre Gestaltungspflicht auf die Ebene der Interessenvertretungen“ abgeben. Betriebsräte seien erpressbar, eine Schwächung des Flächentarifvertrages, in dem einheitliche Entgelt- und Arbeitsbedingungen festgehalten würden, führe zu einem Flickenteppich, der es erschwere, Belegschaften zu organisieren.
In der Diskussion zum Referat wurde der Trend zur „Verbetrieblichung“ diskutiert, mit dem Hinweis darauf, dass Befristete und prekär Beschäftigten oftmals nicht von Betriebs- oder Personalräten vertreten würden. Konni Lopau wies darauf hin, dass die Kämpfe der Belegschaften der Automobilindustrie und bei Zulieferern zu wenig vernetzt seien. Dies sei ein Versäumnis der IG Metall – die DKP könne und müsse hier durch Verbreitung von Informationen diese Kämpfe unterstützen. Uwe Fritsch wies darauf hin, dass die Transformation in der Automobilindustrie den Beschäftigten Angst mache. Die Angst vor Arbeitslosigkeit, die Kurzarbeit und Mitgliederverluste schwächten die Position der IG Metall in der Tarifauseinandersetzung.
Siehe auch: Referat von Olaf Harms zu „Vor uns liegende Klassenkämpfe – Eingreifen der DKP“