Rund 30 kommunistische und Arbeiterparteien aus aller Welt haben sich in einer gemeinsamen Erklärung mit den venezolanischen Genossinnen und Genossen solidarisiert. Anlass ist die zunehmende Repression der Regierung des südamerikanischen Landes gegen die KP Venezuelas (PCV). Offenbar wird in Caracas eine feindliche Übernahme der Partei vorbereitet, die sich in den vergangenen Jahren als sichtbarste linke Kritikerin der zunehmend neoliberalen Politik von Präsident Nicolás Maduro profiliert hat.
In dem Statement, das auch von der DKP unterschrieben wurde, heißt es unter anderem: „So wie wir Venezuela konsequent gegen die imperialistische Aggression und die illegalen einseitigen Zwangsmaßnahmen verteidigt haben, die wir weiterhin verurteilen, prangern wir ebenso die antikommunistischen Aggressionen gegen die PCV und die Versuche an, ihr unabhängiges politisches Handeln als Partei der Arbeiterklasse zu unterbinden.“
Die PCV hatte bei der letzten Präsidentschaftswahl 2018 zur Wiederwahl Maduros aufgerufen, nachdem man vorher mit dessen „Vereinter Sozialistischer Partei Venezuelas“ (PSUV) ein detailliertes Abkommen geschlossen hatte. Unter anderem hatte man vereinbart, regelmäßig die Politik der Regierung zu diskutieren und den sozialistischen Kurs fortzusetzen.
Vonseiten der PSUV wurde das Abkommen, das Maduro selbst unterschrieben hatte, zu keinem Zeitpunkt eingehalten. Stattdessen begann die Regierung, verstaatlichte Unternehmen ihren früheren Besitzern zurückzugeben und privaten Unternehmen neue Privilegien zuzuschanzen, während die Gehälter der Beschäftigten durch die Inflation wertlos wurden. Dagegen mobilisierten die Kommunisten und unterstützten Protestaktionen von Gewerkschaften und Basisgruppen. Die Delegierten des 16. Parteitags der PCV im vergangenen November, auf dem Generalsekretär Oscar Figuera im Amt bestätigt wurde, bekräftigten diesen Kurs.
Umso überraschender war es, als am 4. Februar bei Demonstrationen der PSUV plötzlich Teilnehmer auftauchten, deren T-Shirts, Fahnen und Transparente die Symbole der PCV zeigten. Begeistert begrüßte PSUV-Vizechef Diosdado Cabello, neben Maduro der zweite starke Mann im venezolanischen Staatsapparat, von der Rednertribüne aus die vermeintlichen Kommunisten. Beobachtern fiel allerdings auf, dass deren Shirts und Fahnen nagelneu und offenbar professionell hergestellt waren, während die Mitglieder der PCV ihre Fahnen meist selbst anfertigen, schon weil sie von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen sind.
Wenige Tage später tauchte in den Medien ein Schreiben auf, das an Cabello gerichtet war. In dem bereits auf September 2022 datierten Brief verlangen angebliche Mitglieder der PCV die „Intervention“ und Absetzung der Parteiführung, des ZK. Unterzeichnet war das Schreiben „im Namen der Basis“ von Zoilo Arostegui und Carlos Fermín. Beide sind jedoch keine Mitglieder der PCV, wie diese öffentlich klarstellte. Vielmehr gehört Arostegui der PSUV an, während Fermín im April 2022 zu den Mitbegründern der ultrarechten Partei „Projekt Nationaler Wiederaufbau“ (PRN) gehört hatte.
Das Vorgehen weckt Erinnerungen an frühere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (TSJ). In mehreren Fällen hatten die Richter nach Klagen von Mitgliedern die Führungen oppositioneller Parteien abgesetzt und den zu „Ad-hoc-Vorständen“ ernannten Klägern die Kontrolle über die Organisationen und ihre Symbole übergeben. Das traf unter anderem die sozialdemokratische „Podemos“ und die starke Linkspartei „Patria Para Todos“ sowie die linksradikalen „Tupamaros“. In der Folge stellten sich alle diese Gruppierungen kritiklos an die Seite der Regierung und gingen Wahlbündnisse mit der PSUV ein. Die abgesetzten Funktionäre und ihre Anhänger, die oft die Mehrheit in ihren Parteien gestellt hatten, mussten neue Parteien oder Bewegungen gründen. Zugang zu den staatlichen Medien hatten und haben aber nur die regierungstreuen Strömungen.
Auch die PCV wurde vom Fernsehen ausgeschlossen. Das staatliche Fernsehen VTV unterbricht regelmäßig die Übertragungen der Parlamentsdebatten, wenn Figuera das Wort ergreift. Von einer juristischen Intervention war die PCV bislang aber verschont geblieben. Das lag wohl vor allem daran, dass sich in ihren Reihen keine Mitglieder fanden, die sich für solche Spielchen hergeben wollten – trotz vorhandener Kritik an der Politik der Parteiführung. Doch nun scheint Venezuelas Staatsführung einen Kritiker loswerden zu wollen – rechtzeitig vor den nächsten Präsidentschaftswahlen, die spätestens im kommenden Jahr anstehen.