Wie der Vatikan die Franco-Putschisten unterstützte

An der Seite des „Caudillo“

Von Gerhard Feldbauer

Mit dem Einmarsch der Franco-Faschisten, an ihrer Seite Einheiten Mussolinis, am 27. März 1939 in Madrid ging der spanische Krieg mit der Niederlage der Volksfront-Regierung zu Ende.

Während in Spanien die Mordkommandos wüteten, schickte Pius XII., der am 2. März 1939 sein Pontifikat angetreten hatte, dem „Caudillo“ eine Botschaft, in der es hieß: „Die von Gott als wichtigster Diener der Evangelisation der Neuen Welt und als uneinnehmbares Bollwerk des katholischen Glaubens auserwählte Nation hat soeben den Anhängern des materialistischen Atheismus unseres Jahrhunderts den erhabensten Beweis dafür geliefert, dass über allen Dingen die ewigen Werte der Religion und des Geistes stehen.“ Auch Hitler erhielt „mit besten Wünschen den Segen des Himmels und des allmächtigen Gottes“ übermittelt. (D. Stübler: Geschichte Italiens, Berlin-West 1987, S. 156)

Am 16. Februar 1936 hatte die Volksfront aus Kommunisten, Sozialisten, der Gewerkschaft Union General del Trabajo und Linksrepublikanern bei den Corteswahlen einen überwältigenden Sieg errungen. Ihre Regierung unter dem republikanischen Schriftsteller Azaña y Díaz (ab Mai Präsident) leitete bürgerlich-demokratische Reformen ein, garantierte die Autonomie Kataloniens und der Basken.

Am 17. Juli 1936 begann von der Kolonie Spanisch-Marokko aus der Putsch gegen die rechtmäßig gewählte Regierung, dessen Führung Francisco Franco übernahm. Der Staatsstreich brach auf dem Festland in den meisten Garnisonsstädten am Widerstand der Volkskräfte zusammen. Sein Scheitern wurde durch die sofortige bewaffnete Intervention Hitlerdeutschlands und Mussoliniitaliens verhindert. Pius XI. wandte sich zur Unterstützung der Putschisten an die Weltöffentlichkeit und arbeitete mit Mussolini und Hitler zusammen.

Papst rief klerikale Reaktion zur Unterstützung auf

Die Volksfront-Regierung hatte jedoch die Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite. Ohne eine entscheidende innere Hilfe hätten die Putschisten sich trotz der Unterstützung aus Berlin und Rom nicht halten können. Diese kam vom Vatikan, der die katholische Reaktion in Spanien zur aktiven Unterstützung des „Caudillo“ aufrief. Der Bischof der baskischen Stadt Vitoria billigte den Putsch in einer „Pastoralen Unterweisung“.(K. Deschner: Abermals krähte der Hahn, Stuttgart 1962, S. 582 ff.) Die spanische Jesuitenzeitschrift „Civiltà Cattolica“ schrieb, in dem Putsch habe sich „eine hundertmal gesegnete und ruhmreiche Haltung“ gezeigt. Von dem klerikalfaschistischen „Opus Dei“ (Werk Gottes) traten acht Mitglieder in die Regierung des „Caudillo“ ein. Der spanische Kardinal Gomá, der als Francos politischer Berater agierte, erklärte, „wir befinden uns in voller Übereinstimmung mit der nationalen Regierung, die niemals einen Schritt ohne meinen Rat unternimmt, den sie immer befolgt“. (Ebenda, S. 585) So wurde die katholische Kirche zu einer ihrer wichtigsten Stützen. Der sie beherrschende Klerus jubelte dem „Caudillo“ zu und begrüße ihn mit dem „Führergruß“.

„Absolution“ im Blute watend

Der Weg der Franco-Truppen „ist von Massenmorden gezeichnet“, schrieb der Spanienkämpfer Fritz Teppich. Georges Bernanos, französischer Schriftsteller und Katholik, berichtete: In der Stadt Manacor auf Mallorca, wo eine Einheit Mussolinis stationiert war, waren zweihundert Einwohner, „die den Italienern verdächtig waren, mitten in der Nacht aus ihren Betten gezerrt und schubweise auf den Friedhof gebracht worden, wo man sie mit Kopfschüssen niederstreckte und ein Stück weiter auf einem Haufen verbrannte“. Der Erzbischof hatte „einen Geistlichen gesandt, der, mit den Schuhen im Blute watend, jeweils zwischen zwei Salven Absolution erteilte“. Andere werden mit Lastwagen zu einem einsamen Feldweg gefahren. „Sie stellen sich in Linie auf, küssen eine Medaille oder auch nur den Nagel des Daumens. Peng! Peng! Peng! – Die Leichen werden an den Rand der Böschung geschleift, wo sie der Totengräber am nächsten Morgen findet, mit zerschmettertem Schädel, im Nacken ein hässlicher Klumpen schwarzen geronnenen Blutes.“(G. Bernanos: Die großen Friedhöfe unter dem Mond. Mallorca und der spanische Bürgerkrieg, o. J. 1938.)

In einem Beitrag in der UZ „Vatikan: Komplize bei Francos und Hitlers Morden. Der spanische Klerus segnete den Massenmord an Katholiken und katholischen Priestern ab“ wurden kaum bekannte Quellen erschlossen. (H.-P. Brenner, UZ, 23.11.2007) Darunter ein 1939 im „Vita Nova Verlag“ in Luzern erschienenes Büchlein des baskischen katholischen Priesters Inaki de Aberrigoyen „Sieben Tage und sieben Monate in Franco-Spanien“. Der Autor schildert, wie der Klerus die Massenmorde an katholischen Priestern und ihren Gläubigen absegnete. Im Vorwort berichtete der katholische Publizist Maximilian Helffert, dass er erst nachdenklich wurde, als der Klerus an der Seite der Putschisten die Behauptung „von der Bolschewisierung Spaniens“ aufstellte, was durch die Politik der Volksfrontregierung eindeutig widerlegt wurde. Helffert musste die für ihn als Katholiken „grausame Erkenntnis“ gewinnen, dass, die Hierarchie zum Mordterror schweigt und sich „auf die Seite der Henker“ stellte.“

Die Enthüllungen eines Priesters

Im September 1936 wurde Aberrigoyen wegen seiner seelsorgerischen Tätigkeit in der baskischen „Arbeitersolidarität“, die keinerlei politische Ziele verfolgte, eingekerkert und erlebte Gefängnis, Folter und massenweise Hinrichtungen. Die zuständigen Generalvikariate als auch der Erzbischof von Pamlona (einer Zentrale des Opus Dei) erhoben keine Einwände. Aberrigoyen legte dar, wie Francos Truppen im Baskenland auf Volksfrontanhänger wie auf Geistliche, die sich nicht sofort dem Putsch anschlossen, unter Kruzifixen und Marienbildern eine gnadenlose Jagd begannen. „Es gab kaum ein Dorf, wo man nicht auf einen oder mehrere Priester Jagd gemacht hatte. Man nahm keine Rücksicht, weder auf Alter noch auf Krankheit und nicht auf ganz offenkundige Unschuld.“ Das sei „ganz offen vor den Augen der spanischen Hierarchie (erfolgt), die nicht einen einzigen öffentlichen Protest einlegte.“ Die Volksfront-Regierung tastete dagegen die Kirche nicht an. Erst nach den barbarischen Massakern an ihren Anhängern, an denen sich die Geistlichkeit beteiligte, kam es zu Übergriffen.

Der spanische Klerus schaute den von Hitler und Mussolinis Hilfstruppen begangenen Kriegsverbrechen nicht nur tatenlos zu, sondern beförderte sie. Die „Legion Condor“ griff zusammen mit der italienischen Luftwaffe nicht nur die Stellungen der republikanischen Armee an, sondern bombardierte immer wieder Städte. Über ihren Angriff auf die nordspanische Stadt Guernica y Luno in der Provinz Biskaya nördlich von Bilbao am 26. April 1937 schrieb der Korrespondent der Londoner „Times“: „Die ganze Stadt mit ihren 7 000 Einwohnern und den 3 000 Flüchtlingen ist langsam und systematisch in Stücke zerschlagen worden.“

Francos Kreuzritter selig gesprochen

Fast eine Million Menschen fiel dem von der klerikalfaschistischen Reaktion entfesselten Bürgerkrieg zum Opfer. Der deutsche Ratzingerpapst Benedikt XVI. hatte 2007 keine Skrupel, 498 Kreuzritter Francos selig zu sprechen. Auch der derzeitige Papst Franziskus, der zur Überwindung der tiefen Krise seiner Kirche einige Korrekturen vornahm, hat sich in keiner Weise vom Bündnis der Kurie mit Reaktion und Faschismus distanziert, geschweige denn es verurteilt.

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"An der Seite des „Caudillo“", UZ vom 22. März 2019



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