Zum wirtschaftspolitischen Chaos in der Regierung

Ampelflimmern

Es fehlt nur noch die entsprechende Musik für den Showdown der Koalitions-Alphatiere: Ohne seinen Wirtschaftsminister und seinen Finanzminister auch nur zu fragen, geschweige denn, sie einzuladen, hat SPD-Kanzler Scholz, so berichten auch die ihm noch nahestehenden Zeitungen, für Dienstag Nachmittag zu einem „Industriegipfel“ eingeladen. Dort will er bereden, wie die inzwischen nicht mehr nur von Stagnation, sondern vom Abrutschen in die Rezession bedrohte Wirtschaft vom Rand der Klippe weggezogen werden könnte. Ebenfalls ohne Abstimmung mit seinem Kanzler oder dem für solche Projekte zwingend einzubeziehenden Finanzminister hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kurz vor seinem Abflug zu Bettelgesprächen mit der indischen Regierung eine „Modernisierungsagenda“ in der sagenhaften Höhe von „mehreren Hundert Milliarden Euro“ vorgelegt – finanziert durch Kreditaufnahmen bei internationalen Finanzinstituten.

Antwort des Dritten im Bunde: Für die Stunden unmittelbar vor dem „Industriegipfel“ des Kanzlers lud Lindner zusammen mit seinem FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr zu einem Gespräch mit den Vertretern praktisch aller deutschen Unternehmerverbände ein – vom „Arbeitgeberverband“ über die Industrie- und Handelskammer bis hin zum Zentralverband des Deutschen Handwerks. Die FDP wäre nicht die FDP, wenn auf ihrer Einladungsliste Gewerkschaften oder gar Wohlfahrtsverbände als Fürsprecher der am meisten unter der Stagnation leidenden Bevölkerungskreise nicht fehlen würden. Bekannt ist schon im Vorfeld, was dort vorgeschlagen und danach der Presse verkündet werden wird: Keine Subventionen, wie von Habeck gefordert, sondern „Abbau bürokratischer Maßnahmen“, im Klartext: Schleifen aller in den Gesetzen noch vorhandenen Schutzregelungen vor maßlosen und ungeregelter Ausbeutung der noch ausbeutungsfähigen Menschen und Abbau der Hilfen zum Lebensunterhalt für die nicht mehr der Ausbeutungsmaschine zur Verfügung stehenden.

In keinem dieser Vorschläge der sich zur Zeit in ihre drei Bestandteile zerlegenden Ampel, die nur noch flimmert, statt Signale zu geben, wird eine Rolle spielen, was diesem 80-Millionen-Volk wirklich helfen würde, wieder in die Spur zu kommen: Frieden und Kooperation mit Russland, Reaktivierung der Verträge zur günstigen Energieversorgung, Streichung der Milliardentransfers und Waffenlieferung an das Regime in Kiew, Aus- statt Abbau der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kooperation mit der aufstrebenden Volksrepublik China, Verstärkung der Kooperation mit den BRICS-Staaten statt G-7-Bunkerpolitik. Innerhalb dieses Bunkers wird es keine wirtschaftspolitische Perspektive für dieses Land geben.

„Scholz wirbt, Modi lässt zappeln“, titelte die FAZ am Samstag zu dem im Sande verlaufenden öffentlichen Drängen des Bundeskanzlers nach einem Freihandelsabkommen mit Indien. Dessen Ministerpräsident, gerade zurückgekommen von einem Selbstbewusstsein vermittelnden Treffen der BRICS-Staaten in Russland, hielt es noch nicht einmal für nötig, darauf in seiner Pressekonferenz überhaupt einzugehen.

So taumelt die Ampel ihrem Untergang entgegen. Der wird von derselben FAZ inzwischen herbeigesehnt. „Hoffentlich hat es bald ein Ende“, flehte diese Zeitung am selben Samstag angesichts des Dreier-Showdowns am Dienstag den ihr am nächsten stehenden Teil der Ampel an: „Der letzte Dienst, den Lindner dem Land erweisen könnte, wäre: Das Ende.“

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