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Wir betrachten es keineswegs als unsere Aufgabe, zu spekulieren, was Trump wohl noch alles tun wird oder wie, wann und mit welcher Hinterlassenschaft seine Regierungszeit dereinst mal enden könnte“, heißt es im Editorial der jüngsten Ausgabe der Marxistischen Blätter (Redaktionsschluss 5. Februar) Alle Welt spekulierte damals noch, was wohl hinter Trumps Twitterei (deutsch: Gezwitscher) über Atomwaffen und die „obsolete“ NATO stecken könnte. Eventuell sogar Abrüstungsambitionen? Oder zumindest ein bisschen Entspannung an der Russland-Front?
Seit dem Auftritt von Trump-Vize Pence auf der NATO-„Sicherheits“konferenz in München (18. Februar) dürfte jedem/jeder klar sein: die Trump-Truppe ist alles andere als ein Hoffnungsträger für globalen Frieden und Entspannung. Ganz im Gegenteil. Die neue US-Regierung will auch wieder stärker atomar aufrüsten. O-Ton Trump in einem Interview mit der Presseagentur Reuters: „Es wäre wunderbar, es wäre ein Traum, wenn kein Staat Atomwaffen hätte. Aber solange Staaten Atomwaffen haben, werden wir im Rudel ganz oben stehen.“ Die USA seien auf diesem Gebiet zurückgefallen. Das mit der Regierung in Moskau geschlossene neue strategische Abrüstungsabkommen „New Start“ sei für die USA „ein weiteres schlechtes Geschäft“ gewesen. Es sieht vor, dass die USA und Russland ab Februar 2018 ihre Atomarsenale gleich groß halten.
In ersten Reaktionen kritisierten Abrüstungsbefürworter die Ankündigung Trumps. „Die Geschichte des Kalten Krieges zeigt, dass bei einem Rüstungswettlauf und einer waghalsigen Atompolitik niemand ‚im Rudel‘ nach ‚ganz oben‘ kommt“, sagte Daryl Kimball, Direktor der überparteilichen Arms Control Association. Die USA und Russland haben bereits weitaus mehr Atomwaffen als zur Abschreckung nötig. Nach Angaben der Abrüstungsgruppe Ploughshares Fund verfügen die USA über 6 800 atomare Sprengköpfe und liegen damit hinter Russland mit 7 000 Sprengköpfen. („Spiegel online“, 24.2.2017)
Ein halbwegs realistisches Gesamtbild der US-Politik nach Trumps Amtsantritt erfordert – will es nicht an Oberflächlichem kleben bleiben – umfassendere, nüchterne Analysen, heißt es weiter im Editorial der Marxistischen Blätter. Und eben auch Zeit – manchmal wenige Wochen – um ein klareres Bild zu bekommen. Jede eindimensionale Sicht verzerrt das Bild und führt in die Irre. Insofern betrachten die Marxistischen Blätter die Beiträge ihres Schwerpunktes als Puzzlesteine auf dem Weg zu einem realistischen Gesamtbild der US-Politik, für die Donald Trump steht.
Die Redaktion hat dabei amerikanischen Linken den Vortritt gelassen. Vier Autoren – Norman Markowitz, Zoltan Zigedy, Jason Schulman und Joseph Gerson – betrachten die aktuelle US-Entwicklung „from inside USA“, d. h. konkret aus Sicht ihrer Arbeiter- und Friedensbewegung. (Ja, die gibt es auch dort sehr wohl noch!) Carolus Wimmer (Venezuela) blickt auf die US-Politik aus ihrem lateinamerikanischen „Hinterhof“, betont Kontinuität und sieht Chancen für den Aufschwung antiimperialistischer Bewegung auf dem Subkontinent. Der stellvertretende Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft Vietnam, Stefan Kühner, schreibt u. a. aus vietnamesischer Sicht über Handelsperspektiven nach dem Trumpschen Aus für die Transpazifische Partnerschaft (TPP). Arnold Schölzel („junge welt“) sieht mit Trumps Amtsantritt Signale für eine weitere geschichtliche Zäsur nach 1991. „Kurz und knapp geht es um zweierlei: Die Wiederkehr der sozialen Frage weltweit und das Ende der Ära, in der sich die USA als ‚einzige Supermacht‘ sahen.“ Lothar Geisler („Marxistische Blätter“) steuert mit einer knapp kommentierten „Presseschau kurz vor Redaktionsschluss“ eine Momentaufnahme bei, die den Bogen schlägt bis hin zum lokalen/regionalen Friedenskampf gegen die „NATO-Speerspitze“ in Münster und die Übernahme der Tower-Barracks in Dülmen durch die US-Army.
Vieles ist in den Beiträgen sicher noch unscharf, vorläufig, widersprüchlich. Und nicht alles ist neu, sondern steht in der Kontinuität vorheriger US-Präsidentschaften. Widersprüche, Widerspruch und überzogene Urteile muss man aushalten und ausdiskutieren. Aber eins ist sicher: die Weltlage ist durch die Trump-Wahl unsicherer geworden. Und das Bild des (US-)Imperialismus für viele klarer, auch wenn MarxistInnen in Europa und vor allem in Deutschland vor dem Hintergrund konkreter historischer Erfahrungen mit Analogien bzw. der Charakterisierung von Politik als „faschistisch“ oder „neofaschistisch“ traditionell zurückhaltender umgehen, als Linke auf anderen Kontinenten.
Im aktuellen Heft der Marxistischen Blätter ist auch die Antrittsrede von Donald Trump bei seiner Amtseinführung dokumentiert, „weil wir sie für eine historische Rede halten, ähnlich der Reden anderer Volks(ver)führer. Als verlängerte (Wahl-)Kampfrede illustriert sie nicht nur Trumps ‚politisches Framing‘ und seine Interpretationsmuster der Realität, sondern Methodik und Muster rechter Massenmanipulation, wie sie auch in Europa um sich greifen. Und: die Rede macht die Einschätzungen und Warnungen US-amerikanischer Autoren diese Heftes nachvollziehbar.“
Bei seiner Amtseinführung hat Donald Trump der Welt nicht nur als persönliche Siegerpose, sondern programmatisch die Faust gezeigt. Er ist Amerikas Faust. Vorrang für die US-Politik haben rücksichtsloser denn je die US-Interessen (wie Trump sie sieht). Der nackte, nationalistische Eigennutz ist Regierungsprogramm. Und in sein Kabinett holt Trump mächtig viel Militärs und Milliardäre, also das staatsmonopolistische „Kommando Spezialkräfte“ für Krieg und Wirtschaftskrieg. Ob dabei auf Dauer etwas abfällt für die arbeitenden, jobsuchenden Menschen, für Selbstständige und das nicht-monopolistische Kapital – in den USA und anderswo – darf begründet bezweifelt werden. Absehbar sind schon jetzt: weiter wachsende Standortkonkurrenz und imperialistische Rivalitäten. (Und von „kollektivem Imperialismus“ ist weniger zu spüren denn je.) Besorgniserregender ist jedoch: die angebliche „Notwendigkeit“ eigener Atomwaffen und neuer nuklearer Aufrüstung wird seit Trumps Amtsantritt von Berlin bis Peking wieder so offensiv ins Feld geführt wie lange nicht. Und – siehe oben – auch vom „atomaren Rudelführer“ Trump wieder forciert.
Insofern ist „Amerikas Faust“ bei allen offenen Fragen mit Sicherheit und unbestreitbar eine riesige globale Herausforderung für die internationale Arbeiter- und Friedensbewegung, aber auch eine Chance (!). Denn der Imperialismus zeigt uns sein derzeit hässlichstes Gesicht. Und insofern rundet der sehr empfehlenswerte Beitrag von Domenico Losurdo über „Palmiro Togliatti und der Friedenskampf gestern und heute“ das Schwerpunktthema ab und bietet historisch fundierten Diskussionsstoff für aktuelle Strategiedebatten – nicht nur innerhalb der DKP.