In Sachsen-Anhalt kämpfen die Beschäftigten für einen Tarifvertrag

Ameos fährt Zickzack

Werner Sarbok im Gespräch mit Bernd Becker, ver.di- Landesbezirks-Fachbereichleiter für Gesundheit und Soziales in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

UZ: Corona hatte auch Auswirkungen auf die Auseinandersetzung um einen Tarifvertrag für die Beschäftigten der Ameos-Kliniken Bernburg, Aschersleben, Schönebeck und Haldensleben. Was ist in den vergangenen Monaten geschehen?

Bernd Becker: Wir haben im Februar Sondierung gemacht und die Tarifverhandlungen aufgenommen und in der Zeit der Corona-Pandemie jetzt eine inhaltliche Vereinbarung beschlossen, die wir praktisch digital verhandelt haben.

UZ: Ende Mai wurde ein Zwischenergebnis erzielt. Wie sah das aus?

Bernd Becker: Wir haben vereinbart, dass wir jetzt erst mal eine kurzfristige Lohnerhöhung umsetzen, und zwar in Höhe von 8 bis 8,6 Prozent für Haldensleben, weil die noch ein Stück weiter weg waren. Und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 700 beziehungsweise 800 Euro. Das Ganze soll bis zum 30. Juni des nächsten Jahres laufen und in dieser Zeit haben wir auch Verhandlungstermine vereinbart zur Fortführung der Tarifverhandlungen, um am Ende einen Tarifvertrag zu haben.

UZ: Die Verhandlungen wurden dann am 11. Juni fortgesetzt. Wie sind sie gelaufen?

Bernd Becker: Wir hatten uns im Vorfeld über die Eckpunkte der Vereinbarung verständigt. Wir waren davon ausgegangen, dass wir am 11. Juni bei dem ersten vereinbarten Verhandlungstermin noch ein bisschen redaktionelle Themen ansprechen, um dann die Vereinbarunggen zu unterschreiben und danach umgehend in die Tarifverhandlungen zu kommen.

Und das hat sich aber sehr kompliziert dargestellt, weil der Arbeitgeber für die Vereinbarungen eine aufschiebende Bedingung eingebracht hat, die bedeutet hätte, dass die Vereinbarung möglicherweise keine Wirkung entfaltet hätte. Er wollte, dass diese Vereinbarung um die Lohnerhöhungen erst in Kraft tritt, wenn 95 Prozent der Beschäftigten, die unter den Geltungsbereich fallen, anerkennen, dass der Tarifvertrag 2012 statisch ist und sie somit auf mögliche individuelle dynamische Ansprüche verzichten.

Das haben wir abgelehnt, aus zwei Gründen: Erst mal werden wir uns nicht in individuelle Ansprüche einmischen können und den Leuten diese praktisch wegnehmen. Zum anderen ist die Vereinbarung für uns so ja nicht umsetzbar, weil wir nicht garantieren können, ob unsere Kolleginnen und Kollegen jemals eine Lohnsteigerung kriegen, weil wir nicht die Bedingung als Tarifpartei erfüllen können. Und das war sehr unanständig und hat uns auch sehr verärgert.

UZ: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit innerhalb der Verhandlungsgemeinschaft von ver.di mit dem Marburger Bund?

Bernd Becker: Sehr gut. Wir stimmen uns ab. Wir machen auch gemeinsame Tarifkommissionssitzungen. Es ist ein hohes Maß an gegenseitiger Solidarität vorhanden und wir kommen gemeinsam mit einer guten, starken Front voran.

UZ: Wie ist die Stimmung der Kolleginnen und Kollegen nach den Verhandlungen am 11. Juni? Wurde das schon in den Betrieben diskutiert?

Bernd Becker: Also das spricht sich ja schnell rum. Die Verärgerung ist sehr, sehr groß, dass man jetzt solche Bedingungen eingebracht werden.

Und dann so ein Schlag. Die Leute sind massiv verärgert. Sie haben auch gleich wieder angefangen, spontan zu aktiven Mittagspausen vor die Tür zu gehen. Ja, es ist eine verfahrene Situation, und es wird schwierig, da überhaupt wieder den Weg an den Verhandlungstisch zu finden. Wir sind da gewillt. Wir werden dem Arbeitgeber jetzt eine für uns machbare Vereinbarung zusenden, mit der Frist, diese zu unterzeichnen. Und sollte das nicht stattfinden, haben die Tarifkommissionen – beide – schon vorsorglich beschlossen, dass wir die jetzt außer Kraft gesetzten Arbeitskampfmaßnahmen wieder in Kraft setzen, so dass wir jederzeit damit rechnen können, dass wir wieder in den Streik gehen müssen, sollte nichts unterschrieben werden.

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"Ameos fährt Zickzack", UZ vom 26. Juni 2020



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