Der Artikel von Andreas Wehr geht meiner Meinung nach am Thema vorbei. Kurz zusammengefasst geht es darum: Das EU-Parlament beschwert sich über den Beschluss des EU-Rats zur Krisenbewältigung. Es droht an, seine Zustimmung zu verweigern, wenn es nicht Verhandlungen um den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) gibt, zu dem natürlich auch Ausgaben der EU zählen – natürlich auch für Rüstung –, weil in diversen Bereichen bereits vorgesehene Gelder gestrichen werden. Hintergrund scheint mir zu sein, dass die Staats- und Regierungschefs versuchen, am EU-Parlament vorbei über einen Covid-19-Rettungsschirm die Finanzpolitik zu gestalten. Es scheint vor allem um die Frage zu gehen, woher die Mittel kommen werden.
Das EU-Parlament will mehr Eigenmittel generieren. Ich vermute, es geht hier um den alten Streit, auch zwischen der BRD und Frankreich, wie groß der EU-Haushalt sein soll. Statt diesen zu erweitern, werden jetzt durch das Vorgehen von Rat und Kommission Kürzungen unter anderem in den Bereichen „Bildung, digitaler Wandel und Innovation“ vollzogen. Das will das Parlament nicht, vermutlich weil es einen Eingriff in die eigenen Budgetrechte befürchtet.
Zusammengefasst: Die Zustimmung zu der EU-Parlaments-Entschließung ist also ihrem Charakter nach vor allem eine Entschließung gegen einen Beschluss des EU-Rats. Das Parlament will selber mehr Geld zur Verfügung haben und darüber entscheiden können. Wofür dieses Geld dann eingesetzt wird, das ist erstmal offen. Auch beim EU-Parlament ist da natürlich nichts Gutes zu erwarten – in dieser Hinsicht sind andere Passagen viel dramatischer als die von Andreas Wehr aufgegriffene.
Jan Meier, Frankfurt am Main