In etwa 80 Prozent aller stationären Pflegeeinrichtungen tragen die Pflegekräfte während ihrer Arbeit normale Straßenkleidung. Der Autor betrachtete in der letzten Ausgabe der UZ den Hintergrund des Fehlens vom Heimträger zu stellender Arbeitskleidung für die Pflegekräfte und begründet in dieser Fortsetzung die Notwendigkeit.
Hygienekleidung dient dem Infektionschutz
Das Infektionsschutzgesetz dient dem Zweck, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Das Gesetz dient damit sowohl dem Schutz der Beschäftigten als auch anderer Personen. Auch das Arbeitsschutzgesetz dient – entgegen landläufiger Meinung – nicht nur dem Schutz der Beschäftigten. Denn in Rechtsverordnungen kann bestimmt werden, dass bestimmte Vorschriften des Gesetzes auch zum Schutz anderer Personen anzuwenden sind. Hierzu gehört die „Biostoffverordnung“, die für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen gilt. Sie regelt Maßnahmen sowohl zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten als auch anderer Personen.
Pflegekräfte arbeiten tagein, tagaus dicht am Körper pflegebedürftiger Menschen, die häufig – erkannt oder unerkannt – an Infektionserkrankungen leiden. Unbestritten ist, dass die Heimträger den Beschäftigten für solche Tätigkeiten persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen haben. Hierzu zählen beispielsweise Schürzen, Langarmkittel, Mund- und Nasenschutz, Kopfbedeckung und Fußbekleidung. Der Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung muss allerdings auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt sein und darf keine Dauermaßnahme sein. Deshalb wies das Verwaltungsgericht Stuttgart die Idee eines klagenden Heimträgers ab, dass die Pflegekräfte bei sämtlichen pflegerischen Tätigkeiten am Bewohner langärmelige, bodenlange Einwegschutzkittel tragen könnten. Das sei für die Pflegekräfte – gerade in den wärmeren Sommermonaten – zu belastend.
Wissenschaftliche Erkenntnisse
Haben sich der Stand der Technik oder gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse fortentwickelt und erhöht sich die Arbeitssicherheit durch diese Fortentwicklung erheblich, sind die Schutzmaßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist anzupassen.
Wer aber trifft die Aussagen zum Stand der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse? Zu diesem Zweck wurde gemäß der Biostoffverordnung beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales der „Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS)“ gebildet, in dem fachlich geeignete Personen von Seiten der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Länderbehörden, der gesetzlichen Unfallversicherung und weitere fachlich geeignete Personen, insbesondere der Wissenschaft, vertreten sind. Dieser erarbeitet dem jeweiligen Stand von Technik und Medizin entsprechende Regeln und Erkenntnisse, wie zum Beispiel die „Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege (TRBA 250)“. Diese Regeln gelten unter anderem für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Bereichen des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtspflege, in denen Menschen medizinisch behandelt oder gepflegt werden, und demnach auch für die Arbeitsbereiche der stationären und ambulanten Alten- und Krankenpflege. Bei Tätigkeiten im Gesundheitswesen liegen häufig keine konkreten Kenntnisse über vorhandene Krankheitserreger vor. Deshalb muss bei allen Tätigkeiten, bei denen Kontakte mit Körperflüssigkeiten wie Blut und Speichel, Körperausscheidungen, also Stuhl und Urin, und Körpergeweben möglich sind, immer mit dem Vorhandensein relevanter Krankheitserreger gerechnet werden. Zu solchen Tätigkeiten, die der Schutzstufe 2 zuzuordnen sind, gehören beispielsweise Katheterisieren, Wechseln von Windeln und von mit Fäkalien verunreinigter Kleidung und das Waschen, Duschen, Baden inkontinenter Patienten.
Diese Tätigkeiten sind für Pflegekräfte in Altenpflegeheimen gang und gäbe. Solche Tätigkeiten dürfen nur mit Arbeitskleidung erledigt werden, die vom Arbeitgeber zu stellen und zu pflegen ist. Die Möglichkeit der Kontamination der Arbeitskleidung von Pflegekräften mit gefährlichen Erregern ist immer gegeben, selbst wenn bei besonders riskanten Tätigkeiten persönliche Schutzausrüstung getragen werden muss. Kontaminierte Arbeitskleidung darf aber von den Beschäftigten nicht zur Reinigung mit nach Hause genommen werden. Getragene Schutzkleidung ist von anderer Kleidung getrennt aufzubewahren. Pausen- und Bereitschaftsräume dürfen nicht mit Schutzkleidung oder kontaminierter Arbeitskleidung betreten werden.
Die bei „allen am Bewohner durchgeführten pflegerischen Tätigkeiten“ zu tragende Schutzkleidung in Form der sogenannten Einwegschutzschürzen bedeckt die Arbeitskleidung nicht vollständig, sondern lässt die Ärmel vollständig und die Hosen im unteren Bereich frei. Infolgedessen kann der Kontakt mit kontaminiertem Material in den beschriebenen Bereichen der Arbeitskleidung selbst bei Anlegen der Einwegschutzschürzen nicht vermieden werden. Das führt dazu, dass die Arbeitskleidung ausnahmslos wie Schutzkleidung zu behandeln ist.
Die „Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI)“ empfiehlt daher, „Beschäftigten in der direkten Patientenversorgung Arbeitskleidung in ausreichender Stückzahl, zum Beispiel für den täglichen Wechsel, zur Verfügung zu stellen und diese generell mit einem desinfizierenden Verfahren mit nachgewiesener Wirksamkeit aufzubereiten“.
Die Sektion „Hygiene in der ambulanten und stationären Kranken- und Altenpflege/Rehabilitation“, eine Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V. (DGKH), erarbeitet Mindeststandard für die praktische Umsetzung von Hygiene in verschiedenen Krankenhaus- und Pflegeeinrichtungen. Hierzu gehören auch Vorgaben zu „Kleidung und Schutzausrüstung für Pflegeberufe aus hygienischer Sicht“. Die Fassung vom September 2008 sah noch zwei Möglichkeiten für Arbeitskleidung in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen vor: die vom Betrieb zur Verfügung zu stellende Arbeitskleidung oder gegebenenfalls private Kleidung unter Verwendung von beispielsweise einer Überschürze oder Kittel bei der direkten Pflege.
Private Kleidung in der Pflege nicht zulässig
Diese alternativen Möglichkeiten sieht die DGKH inzwischen nicht mehr vor. Mit ihrer aktualisierten Vorgabe vom Juli 2016 gibt sie für die stationären Pflegeeinrichtungen vor, dass die Beschäftigten in der Pflege Arbeitskleidung zu tragen haben, die vom Betrieb zur Verfügung zu stellen ist. Private Arbeitskleidung dürfe nur in Arbeitsbereichen ohne besondere Hygieneanforderungen getragen werden.
Daraus folgert das Verwaltungsgericht Regensburg, dass in Pflegeeinrichtungen die Unzulässigkeit privater Arbeitskleidung anzunehmen sei.
Der Autor ist Fachkrankenpfleger für psychiatrische Pflege, Mitglied der ver.di-Bundestarifkommission Altenpflege, Vorsitzender des Betriebsrates im AWO-Seniorenzentrum Recklinghausen und stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates im AWO Bezirk Westliches Westfalen e. V.