DKP-Parteivorstand beriet über EU-Wahlkampf, Verankerung in der Arbeiterklasse und Schritte zur Stärkung der Partei
„Nein zur EU“ – das ist die Schlagzeile der Extraausgabe dieser Zeitung, mit der die DKP in den EU-Wahlkampf gehen wird. Am vergangenen Wochenende beriet der DKP-Parteivorstand darüber, wie die Kommunisten ihre Kandidatur nutzen können, um der berechtigten Kritik an der EU eine solidarische Stimme zu geben und der Pro-EU-Propaganda etwas entgegenzusetzen. Außerdem beschloss er, für 2020 ein UZ-Pressefest vorzubereiten, zum 50. Geburtstag der UZ und zum 70. Jahrestag der DDR-Gründung wird die Partei Festveranstaltungen durchführen. Eine Vertreterin der SDAJ berichtete von den Vorbereitungen für das Festival der Jugend vom 7. bis zum 10. Juni in Köln, das die DKP unterstützt.
„Auf den ersten Mai können wir uns freuen“, sagte einer der Teilnehmer in der Diskussion, „da werden die Hartz-IV-Parteien ihren Wahlkampf machen wollen und wir sagen mit dieser Zeitung: EU heißt Armut, EU heißt Krieg“. Dieses Angebot unterscheide die DKP von allen anderen Parteien. Selbst die Linkspartei habe sich „verabschiedet von jeder Orientierung, die der Europastrategie des deutschen Imperialismus kritisch gegenüber steht“, schätzte der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele in seiner Einleitung ein.
In zwei Aktionswochen will die Partei ihren Wahlkampf bündeln: Vom 6. bis zum 13. April führen die Parteigruppen Aktionen gegen die Kriegspolitik von NATO und EU durch. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten wendet sich die Partei dabei auch direkt an Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr: Köbele und Arnold Schölzel, der für die DKP kandidiert und 1967 lieber in die DDR ging als Wehrdienst bei der Bundeswehr zu leisten, machen in einem gemeinsamen Schreiben deutlich, dass der Aggressionskurs gegen Russland und die Kündigung des INF-Vertrages auch für Militärangehörige Gründe zum Widerstand sind.
Vom 11. bis zum 18. Mai will die DKP mit Aktionen deutlich machen, dass Personal- und Geldnot im Gesundheitswesen ihre Ursache darin haben, dass EU und Regierungen die Versorgung an den Bedürfnissen der Konzerne statt der Patienten und Beschäftigten ausrichten. Die Münchener Teilnehmerin berichtete, dass die DKP dort ihren Wahlkampf mit einer Kampagne verbindet, die den Kampf der Klinikbelegschaften um Entlastung unterstützen und die Kontakte der Partei in die Kliniken verbessern soll.
Den Schwerpunkt der Tagung bildete eine Diskussion darüber, wie das Bewusstsein der Arbeiterklasse in Deutschland einzuschätzen ist, welche Ansätze es für die Entwicklung von Klassenbewusstsein gibt und welche Aufgaben für die Kommunisten sich daraus ergeben. Als Ausgangspunkt stellte der Referent Rainer Perschewski, Mitglied des Parteivorstandes, dar, dass die DKP in Betrieben und Gewerkschaften nur über „marginalen Einfluss“ verfüge und die Verankerung der Partei seit Jahrzehnten zurück gehe – dass es auf der anderen Seite in den vergangenen Jahren wieder kollektive und geplante Schritte gebe, um das zu ändern. Daraus ergebe sich, dass die Partei Versäumtes nachholen müsse, dass sie aber gleichzeitig über neue Erfahrungen verfüge, die auszuwerten seien.
Damit war die Debatte über Lage und Bewusstsein der Arbeiterklasse von vorneherein auch eine Debatte über die organisatorische Stärke bzw. Schwäche der Partei – und über ihr Eingreifen in laufende Kämpfe. Dabei kritisierten mehrere Redner, dass diese Zeitung in ihrer Berichterstattung über Tarifkämpfe in einigen Fällen zu sehr von abstrakten Erwartungen als von der wirklichen Lage in den Betrieben ausgegangen sei – auch die Zeitung ihrer Partei sehen die Kommunisten als ein Werkzeug, um gemeinsam Einschätzungen zu erarbeiten, in Kämpfe einzugreifen und neue Verbindungen für die Partei zu erschließen.
Die Tagung beschloss, dass sich alle Gruppen der Partei im zweiten Halbjahr 2019 mit einer Bildungszeitung „Wandlungen der Arbeiterklasse“ befassen sollen, um der betrieblichen Ausrichtung eine bessere theoretische Grundlage zu geben. Auch dabei spielte die organisatorische Entwicklung der Partei eine Rolle: Eine Auswertung ergab, dass der Großteil der Gruppen mit den letzten beiden Bildungszeitungen gearbeitet habe. Das bedeute, schätzte Köbele ein, dass es eine gleichzeitige Diskussion in der ganzen Partei zu den Bildungsthemen gebe – eine wichtige Voraussetzung, um auch mit der ganzen Partei aktiv zu werden.
Im EU-Wahlkampf ist die gesamte Partei aktiv geworden – und gerade deshalb zeigen sich Schwierigkeiten: Die Kommunikation zwischen Gliederungen und Parteivorstand müsse verbessert werden, die einzelnen Gliederungen ihre Arbeit systematischer planen. „Wir brauchen einen höheren Grad an Organisiertheit“, forderte Köbele. Dazu müsse es nach dem Wahlkampf eine gründliche Auswertung geben.
Dazu soll die Partei auch ihren nächsten, den 23. Parteitag nutzen, den der Parteivorstand für den 28. Februar bis zum 1. März 2020 einberief. Die Debatte vor und auf dem Parteitag soll insbesondere die Erfahrungen bewerten und verallgemeinern, die die Parteigruppen in den vergangenen Jahren gemacht haben. So soll der Parteitag Schlussfolgerungen ziehen, welche tatsächlichen Ansätze es gibt, um die Partei wieder in der Arbeiterklasse zu verankern und gerade im Osten ihre Strukturen aufzubauen. Bis Juni erarbeitet der Parteivorstand dazu einen Antrag unter dem Arbeitstitel „Standpunkte zur antimonopolistischen Wende“.
Erschienen in der UZ vom 29. März 2019