Am vergangenen Montag erfuhren die gut 600 Mitarbeiter des angeschlagenen Küchenherstellers Alno, dass sie zum großen Teil freigestellt werden. Insolvenzverwalter Martin Hörmann teilte den KollegInnen auf einer Belegschaftsversammlung mit, dass kein Geld mehr da sei. Ein neuer Investor sei nicht gefunden.
Eigentlich boomt der Markt für Küchen seit Jahren. In Zeiten wo man/frau keine Zinsen mehr auf der Bank bekommt, stecken die Menschen ihr Erspartes auch in Küchen und Bäder. Alno aber hat sich in einem wachsenden Markt vom ehemals größten deutschen Küchenhersteller auf Platz zwei heruntergewirtschaftet.
Am 12. Juli hatte Alno nach jahrelangem Kampf gegen die roten Zahlen Insolvenz angemeldet (die UZ berichtete). Eine zunächst beantragte Insolvenz in „Eigenverwaltung“ wurde zurückgenommen. Bis Ende September bezahlte die Agentur für Arbeit die Löhne der Belegschaft. Am 1. Oktober eröffnete das Amtsgericht Hechingen das Insolvenzverfahren. Damit bekam der Insolvenzverwalter ein Sonderkündigungsrecht, mit dem er bestehende Arbeitsverträge ebenso binnen drei Monaten kündigen kann wie Miet- oder Leasingverträge.
Während die Kolleginnen und Kollegen bei Alno um ihre Arbeitsplätze und Zukunft bangen, treffen sich schon seit Wochen Übernahmeinteressenten und Investoren mit ihren Wirtschaftsprüfern und Anwälten im „Datenraum“, um die Bücher der Alno AG zu prüfen. In diesen Datenraum haben nur „seriöse“ Kaufinteressenten Zugang, die zuvor eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben müssen. Bis zum Abschluss dieses Investorenverfahrens ruht die Produktion an den Alno-Standorten. Von der Regionalzeitung gefragt, was in dieser Situation zu tun sei, antwortete die Betriebsratsvorsitzende Waltraud Klaiber: „Es bleibt nichts übrig, als den Investorenprozess abzuwarten. Das Ziel muss sein, zu hoffen, dass so viele Arbeitsplätze wie möglich gerettet werden.“
Seit kurzem sind alle Hoffnungen auf einen Erhalt der Alno-Gruppe als Ganzes zerstört. Alno wird systematisch zerschlagen bzw. filetiert. Ausgerechnet eine Billigtochter erweist sich als besonderes Filetstück. Rückwirkend zum 1. Oktober übernimmt ein Investoren-Konsortium um den Premiumküchen-Hersteller Nobilia aus Verl (Nordrhein-Westfalen) die Alno-Tochter Pino mit derzeit 230 Beschäftigten. Pino – das am Ende profitabelste Segment bei Alno – ist im unteren Preisbereich etabliert und wurde zum Teil über Baumärkte verkauft.
Mit einem ähnlichen Deal rechnen Branchenkenner im Fall der Alno-Tochter Wellmann und der dort rund 400 Beschäftigten: Wellmann ist wie Pino im preisgünstigen Segment beheimatet – und arbeitet ebenfalls profitabel. Und das Werk liegt in Ostwestfalen, wo traditionell die Küchenmöbelindustrie konzentriert ist. Obwohl auch profitabel, ist es dennoch nicht ganz so leicht das Filetstück anzupreisen, denn die Arbeitsplätze waren bislang tarifgebunden – in diesem Segment der Branche ist das ungewöhnlich.
Am Firmensitz Pfullendorf sehen die Übernahmechancen mehr als düster aus. Das dortige Werk ist aus Sicht der Aasgeier zu personalintensiv bzw. zu wenig automatisiert. „Branchenkenner“ munkeln schon, ob der Insolvenzverwalter Martin Hörmann lediglich die Marke noch für einige Millionen verscherbelt, der Standort Pfullendorf soll aber offensichtlich ganz platt gemacht werden.