Wir können ja darüber spekulieren, ob China es auch zukünftig schafft, den „Tiger zu reiten“. Und über vermeintliche oder tatsächliche Widersprüche bei dieser nicht gerade beneidenswerten Aufgabe muss gestritten werden. Das alles dient unserem notwendigen Erkenntnisprozess, ist lehrreich für unseren Kampf und nützlich für die Solidarität. Aber der KP Chinas als Frage quasi zu unterstellen, es sei ja gar nicht sicher, ob sie den Sozialismus überhaupt will, ist schon eine andere Nummer.
In China läuft seit Jahren eine atemberaubende Offensive der marxistischen Schulung mit einer lebhaften offenen Debatte. Sowohl innerhalb der Partei als auch an den Hochschulen und auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Parallel dazu findet ein reger offener Austausch mit marxistischen Wissenschaftlern und Praktikern aus allen Regionen der Welt statt. Es wird gefragt und ergründet, weshalb so viele hoffnungsvolle sozialistische Versuche gescheitert sind. Warum wohl betreiben die chinesischen Genossen diesen Erkenntnisprozess mit so viel Elan und Bestimmtheit? Als absichtsvolle Inszenierung und Camouflage in geheimer Mission? (…)
Es wäre schön, die eurozentristische Brille mal abzunehmen, aus dem Elfenbeinturm herabzusteigen und jene marxistischen Wissenschaftler und vor allem praxisorientierten Akteure zu befragen, die über Jahrzehnte vor Ort die Entwicklung beobachten, ergründen und manchmal sogar mitgestaltet haben. Wie zum Beispiel der kürzlich verstorbene Arbeitsrechtler Rolf Geffken, der in China an der Diskussion um die Neugestaltung des Arbeitsvertragsgesetzes mitgewirkt hat. Sie alle betonen zwar die Kompliziertheit des sozialistischen Weges, stoßen mitunter auf Widerstände, zeichnen aber fast unisono ein positives und hoffnungsvolles Bild der sozialistischen Entwicklung. (…)