Zum Tag der politischen Gefangenen

Alle müssen raus!

Kolumne

Der 18. März ist seit einigen Jahren wieder als Kampftag für die Freilassung der politischen Gefangenen ins Gedächtnis der linken Bewegung gerückt. Historisch als Tag der Pariser Commune gefeiert, wurde er nach und nach zum Tag unserer Gefangenen. Seit Mitte der neunziger Jahre die Rote Hilfe und die damalige Gruppe Libertad diese revolutionäre Tradition wieder aufgriffen, wird der Tag von jährlich mehr Gruppen und Initiativen begangen.

Das Ziel dabei ist klar: Unsere Gefangenen müssen raus! „Unsere“ heißt dabei nicht, dass wir alle in der gleichen sozialen Bewegung oder Partei Mitglied sein müssen. „Unsere“ heißt auch nicht, dass wir immer jede Aktionsform der verurteilten und weggesperrten Genossinnen und Genossen teilen. „Unsere“ muss auch nicht heißen, dass unsere Analyse von Gesellschaft und unsere tagespolitischen Einschätzungen deckungsgleich sein müssen. „Unsere“ bedeutet das gemeinsame Ziel, eine Alternative zum Kapitalismus zu erkämpfen, fern von Ausbeutung, Unterdrückung, Diskriminierung und Krieg.

Denn dafür werden Genossinnen und Genossen rund um den Globus verfolgt, abgeurteilt und eingesperrt. Der Klassengegner schert sich nicht um die Strömung, aus der wir kommen. Und genau aus diesem Grund ist es unerlässlich, im Fall von Repression, Kriminalisierung und Gefangenschaft mit einer Stimme zu sprechen. Auch wenn es manchmal vielleicht nicht leichtfällt. Das sollten wir vorleben, das können wir aber auch einfordern.

In diesem Geiste stellt die Rote Hilfe jährlich eine Massenzeitung her, in der es um die Situation von politischen Gefangenen geht. Auch Solidaritätkampagnen werden vorgestellt. Diese Zeitung wird der UZ und anderen Zeitungen beigelegt, um eine möglichst große Leserschaft zu erreichen. Dazu gibt es eine Vielzahl von Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen, alle unter dem großen Slogan „Freiheit für alle politischen Gefangenen“. Die diesjährige Sonderzeitung legt den Schwerpunkt auf die Schikanen im Knast und den Widerstand dagegen.

Eines der drastischsten Mittel zur Gegenwehr und zur Durchsetzung politischer Ziele ist der Hungerstreik. Oft geht es dabei um alltägliche Dinge wie den Erhalt von Büchern, Besuchsrecht, das Tragen ziviler Kleidung oder andere Dinge, die von den Repressionsbehörden und Anstaltsleitungen mit voller Absicht verwehrt werden. Aber auch die Solidarität von außen ist nicht zu unterschätzen. Oftmals wundern sich Mitgefangene, warum unsere Genossinnen und Genossen so viel Post erhalten oder warum es regelmäßige Kundgebungen vor den Knästen gibt. Wir zeigen ihnen, dass sie nicht vergessen sind und dass wir hier draußen ganz genau wissen, welche Entbehrungen sie auf sich nehmen, um sich nicht vom System und seinen Handlangern brechen zu lassen. Das betrifft hier in der BRD die gefangenen Antifas wie Lina, Findus, Jo und Dy, aber auch die migrantischen Gefangenen, die wegen des Paragrafen 129b als „Terroristen“ eingesperrt werden, und inzwischen auch Aktivistinnen und Aktivisten aus den Klimakämpfen.

Was können wir tun? Wir können ihre Prozesse besuchen und vor den Gerichten ordentlich laut sein, wir können ihnen schreiben und sie in unsere Kampagnen und Kämpfe mit einbeziehen, statt uns zu distanzieren. Je lauter der Klassengegner und seine Schreiberlinge dagegen hetzen, desto mehr wissen wir, dass wir im Recht sind. Vorwärts und nicht vergessen – die Solidarität!

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"Alle müssen raus!", UZ vom 17. März 2023



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