Kein „humanitärer Waffenstillstand“ für Mossul – UN-Resolution zu Aleppo gescheitert

Alle acht Minuten ein Luftangriff

Von Manfred Ziegler

„Alle bleiben im Hause, aus Furcht vor Luftangriffen …“, so zitiert die britische Zeitung „The Guardian“ einen Anwohner – nicht von Aleppo, sondern von Mossul. Die Menschen in Mossul fürchten sich vor den US-Luftangriffen. Zu Beginn der Offensive zur Rückeroberung von Mossul soll die US-Luftwaffe alle 8 Minuten einen Angriff durchgeführt haben.

Die Situation im gesamten Irak ist düster: 3,5 Millionen Menschen sind aktuell als Binnenflüchtlinge vertrieben, ein großer Teil von ihnen lebt in der autonomen Region Kurdistan. Mit dem Angriff der irakischen Armee auf Mossul hat sich dort die humanitäre Situation extrem verschlechtert.

Die irakische Armee und ihre Verbündeten kreisen die Stadt ein, die Zugangswege werden abgeschnitten. Angriffe auf die Infrastruktur ließen die Wasserversorgung in Mossul zusammenbrechen, die Lebensmittelpreise steigen ins Unermessliche – für den IS eine Einnahmequelle in womöglich letzter Minute.

„Deutschlandradio Kultur“ spricht beiläufig (und rein spekulativ) von der Zerstörung der Stadt: „Die Befreiung von Mossul dürfte also um den Preis der weitgehenden Zerstörung der Stadt und einer sehr hohen Zahl ziviler Opfer geschehen.“

Die Zukunft Mossuls und des Iraks ist ungewiss. Wenn der IS aus Mossul vertrieben ist, wird sich die Frage der Machtverteilung zwischen Sunniten, Schiiten, Kurden und ihren jeweiligen Verbündeten stellen.

Die Situation in Aleppo und Mossul ähneln sich in vieler Hinsicht – die Zivilbevölkerung im Kreuzfeuer, die In­frastruktur zerstört, im Ostteil Aleppos, soweit er noch von den Dschihadisten beherrscht ist, steigen die Lebensmittelpreise wie in Mossul.

Aber vieles ist ganz anders. Für Mossul fordert niemand eine Selbstverwaltung, wie es der Sonderbeauftragte der UN De Mistura für Aleppo gefordert hat. Niemand fordert einen „humanitären Waffenstillstand“, um die Versorgung der Bevölkerung in Mossul zu gewährleisten.

In Mossul ist noch nicht absehbar, wann der IS vertrieben sein wird – ob in Tagen, Wochen oder gar Monaten. Auch in Aleppo steht nicht fest, wann die letzten Dschihadisten aus der Stadt vertrieben sein werden – aber mit den Erfolgen der syrischen Armee ist offensichtlich, dass die Dschihadisten in Aleppo keine Zukunft haben. In der US-Regierung besteht keine Einigung darüber, was sie tun könnte, um die Vertreibung der Dschihadisten aus Aleppo zu verhindern.

Die offizielle Politik der USA scheint zur Zeit die Einsicht ins Unvermeidliche zu sein. Wenn die Befreiung Aleppos von den Dschihadisten schon nicht zu verhindern ist, will man offenbar noch in letzter Minute in irgendeiner Weise aktiv werden. Bei Verhandlungen zwischen den Außenministern Russlands und der USA in Rom bot Kerry zum ersten Male Vorschläge an, die mit den Vorstellungen Russlands vereinbar waren. Sie sahen einen völligen Abzug der Dschihadisten aus Aleppo vor.

Wenige Tage später bot sich schon ein ganz anderes Bild: Den Dschihadisten in Aleppo sollte wieder die Gelegenheit gegeben werden, sich neu zu strukturieren. Die USA drängten Ägypten, Neuseeland und Spanien, ihren Entwurf für eine UN-Resolution gegen den Widerstand Russlands sofort zur Abstimmung zu stellen. Die Forderung: Sieben Tage Waffenstillstand, kein Wort über den Abzug der Dschihadisten. Russland betrachtet die Resolution als Provokation und im Widerspruch zur „Einigung“ zwischen Kerry und Lawrow. China und Russland legten ihr Veto gegen die Resolution ein. Ob die vorherige Einigung über einen Abzug der Dschihadisten aus Aleppo danach weiter Bestand hat, ist offen.

Mittlerweile hatten die Dschihadisten gezielt ein russisches Lazarett in Aleppo beschossen – zwei Ärztinnen wurden getötet.

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"Alle acht Minuten ein Luftangriff", UZ vom 9. Dezember 2016



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