Eskalation der Kämpfe in Teilen Syriens

Alle acht Minuten ein Einschlag

Von Manfred Ziegler

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz warnt vor den schlimmsten Kämpfen des Jahres, die zurzeit in mehreren Gebieten Syriens Schulen und Krankenhäuser zerstören und denen Hunderte von Zivilisten zum Opfer fallen. Es gehe dabei nicht nur um al-Raqqa und Deir Ezzor, sondern auch um Kämpfe in Deeskalationszonen, deren Einrichtung in den vergangenen Monaten Anlass zu Hoffnung geboten hatte.

Die vorläufig letzte Deeskalationszone in Syrien wurde auf dem Treffen der Garantiemächte Iran, Türkei und Russland in Astana vereinbart: Sie gilt in der Provinz Idlib. Mit den Deeskalationszonen gehen Vereinbarungen über einen Waffenstillstand einher, die Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsmitteln soll ermöglicht werden, das Ausmaß der Gewalt soll reduziert werden. In vielen Gebieten Syriens hat sich durch diese Vereinbarungen die Situation verbessert.

Die aktuelle Eskalation der Gewalt, vor der das Rote Kreuz warnt, hat viele Gründe. Beginnen wir in Raqqa: Die Stadt war über Monate einem heftigen Bombardement durch Artillerie und Luftwaffe der USA ausgesetzt. Die USA feuern mehr Bomben auf al-Raqqa ab als selbst während der heftigsten Kämpfe um Mossul. Im August gab es alle acht Minuten den Einschlag einer Bombe, einer Rakete oder einer Granate. Diese Zahlen wurden von „Airwars“ zusammengestellt, einer Non-Profit-Organisation, die den Umfang der US-Luftangriffe verfolgt. Allein im August gab es dabei nach Angaben von „Airwars“ mehr als 400 getötete Zivilisten.

In Deir Ezzor und in Hama kämpfen die syrische Armee und ihre Verbündeten gegen den IS. Dort und in anderen Gebieten besteht nach wie vor das Problem, dass sogenannte „gemäßigte Rebellen“ – gegenüber denen ein Waffenstillstand gilt – sich nicht von den Dschihadisten der al-Nusra und IS distanzieren wollen.

In Idlib sind die Dschihadisten der al-Nusra und ihre Verbündeten die stärksten Gruppen. Sie lehnen jede Deeskalation ab. Als die Deeskalationszonen eingerichtet wurden, war von vornherein klar: Das Blutvergießen würde damit nicht beendet werden können. „Kein Waffenstillstand gegenüber IS, al-Nusra und ihren Verbündeten“ – das war die Quintessenz mehrerer UN-Resolutionen. Nur wenige Tage nach der Festlegung der Deeskalationszone griff al-Nusra eine Einheit der russischen Militärpolizei an. Diese Militärpolizisten sind ja gerade deshalb im Einsatz, um den Waffenstillstand zu überwachen. Nur durch das massive Eingreifen von russischen und syrischen Armeeeinheiten konnten die 29 bedrohten Militärpolizisten gerettet werden.

Wie üblich werden syrischen – oder wahlweise russischen – Flugzeugen Angriffe auf Krankenhäuser vorgeworfen. Wie im Falle Aleppos die Weißhelme, sind es Vertreter der bewaffneten Opposition, die solche Nachrichten als Waffen in ihrem Krieg verbreiten. Darunter ist zum Beispiel ein sogenanntes „Gesundheitsministerium von Hama“.

Die sogenannten gemäßigten Dschihadisten weigern sich in vielen Fällen noch immer, sich von IS und al-Nusra zu distanzieren. Gegenüber Verhandlungen haben sie eine bestenfalls zweideutige Position. Das und die massiven Bombardements der USA, die noch immer versuchen, ihre Interessen in Syrien durchzusetzen, führen zu den massiven Kämpfen, „den schlimmsten seit dem Kampf um Aleppo“, wie es das Rote Kreuz genannt hatte.

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"Alle acht Minuten ein Einschlag", UZ vom 13. Oktober 2017



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