Smart Home?
Sogenannte „Smart Home“-Anwendungen sind Geräte und Programme, die das alltägliche Leben erleichtern sollen. Dazu gehören zum Beispiel Kühlschränke, die mit dem Internet verbunden sind und Lebensmittel nachbestellen, wenn sie aus sind. Aber auch automatisierte Rollläden oder Heizungen gehören dazu. Diese Anwendungen können über sogenannte Apps oder den „Persönlichen Assistenten“ gesteuert werden. Persönliche Assistenten funktionieren sprachgesteuert und sehen eher wie kleine runde Lautsprecherboxen als der letzte Schrei des „Internets der Dinge“ aus. Um ihnen einen Befehl zu erteilen, müssen bestimmte Aktivierungsworte gesagt werden. Bei Amazon ist es das Wort „Alexa“ und es ist wohl das bekannteste unter den Persöhnlichen Assistenten. Wenn man zum Beispiel die Uhrzeit wissen möchte, fragt man „Alexa, wie viel Uhr ist es?“
Persönliche Assistenten wie Amazons „Alexa“ oder „Google Home“, „smarte“ Kühlschränke, Fernseher oder Temperaturregler sollen zukünftig Beweise sammeln. Daten, die bei der Nutzung solcher Helferlein im „Smart Home“ anfallen, sollen vor Gericht verwendet werden dürfen. Das berichtet das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) im Vorfeld der Innenministerkonferenz (IMK), die nach Redaktionsschluss in Kiel stattfand.
Einer Beschlussvorlage zufolge kommt digitalen Spuren „eine immer größere Bedeutung“ bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen und terroristischen Bedrohungslagen zu. Nach einer richterlichen Anordnung sollen Ermittlungsbehörden künftig auf diese Spuren zugreifen können. Der schleswig-holsteinische Innenminister und derzeitige IMK-Präsident Joachim Grote (CDU) steht laut RND hinter diesem Vorstoß. Die Innenstaatssekretäre von CDU, CSU und SPD sollen bereits ihre Unterstützung signalisiert haben.
Mit Erwerb einer „Smart Home“-Technologie öffnet der Käufer – oft unbewusst – den großen Internetkonzernen wie Google und Amazon heute schon Tür und Tor. Die stets im Hintergrund lauschenden Geräte nehmen fortlaufend Gespräche auf und speichern alle anfallenden Daten wie Browserverlauf oder Kaufverhalten in sogenannten „Clouds“. Auf diese eigentlich privaten Daten können die Mitarbeiter der Unternehmen via Internet zugreifen – wie jüngst Amazon-Mitarbeiter verrieten.
Diesen Schatz an Daten möchte jetzt die IMK den Ermittlungsbehörden zugänglich machen. Diese Daten sind aber verschlüsselt und Amazon wie auch Google, die erbittert gegeneinander um Marktanteile kämpfen, wollen die Daten bisher nicht mit den Ermittlungsbehörden teilen. Daher steht neben dem Ausspionieren der „Smart Home“-Daten auch die Aufweichung der im kommenden 5G-Mobilfunkstandard vorgesehenen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei der IMK auf der Tagesordnung. Sollte es nicht gelingen, das IT-Sicherheitsniveau abzusenken, will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Anbieter von verschlüsselten Messengern durch richterliche Anordnung zur Herausgabe der Nachrichten in Klartext zwingen. Wie das technisch umgesetzt werden soll, bleibt derweil unbekannt.
In der letzten Woche erteilten die EU-Justizminister bei einem Treffen in Luxemburg das Mandat für Verhandlungen der EU-Kommission mit der US-Regierung über die Nutzung der digitalen Spuren. Diese erließ 2018 den „Cloud Act“, nach dem FBI und andere Behörden weltweit direkten Zugang zu Cloud-Daten haben sollen. Die nun bevorstehenden Verhandlungen sollen die Brücke zwischen dem US-amerikanischen Cloud Act und den Plänen der EU bis hin zur Echtzeitüberwachung schlagen. Die EU-Kommission schlug bereits im April 2018 die „E-Evidence-Verordnung“ vor. Sie soll Behörden innerhalb der EU den Eil-Zugriff auf Beweismittel im Netz geben. Wenn Diensteanbieter sich weigern, binnen weniger Tage – in Notfällen sogar binnen weniger Stunden – Nutzerdaten auszuliefern, drohen ihnen Strafen von bis zu 2 Prozent des weltweiten jährlichen Umsatzes. Das würde für Amazon oder Google einen Schaden in Milliardenhöhe bedeuten.