Vom „Durchmarsch der extremen Rechten“ war in dieser Zeitung im Zusammenhang mit dem jüngsten Parteitag der AfD in Hannover die Rede (UZ vom 8.12.17). Da ist viel Richtiges dran. Die Gruppierung um den bzw. die Wortführer der offen völkischen Rechten, der Bagatellisierung der Kriege und Massenmorde der Nazis und der Verherrlichung des „deutschen Soldatentums“ bestimmt nun eindeutig den Kurs der Partei.
Doch dem so genannten Höcke-Flügel, dessen Namensgeber nach Einschätzung des Politologen Hajo Funke als besonders herausragender Beherrscher einer „faschistischen Agitation“ bezeichnet werden kann, fehlt es (leider) keinesfalls an „politischen Lösungsansätzen“, wie es im besagten UZ-Artikel heißt. Wir mögen dieses Führungszentrum noch so gern und zu Recht wegen „extremer rechter Hetze“ anprangern. Die Feststellung, dass es aber vor allem von „dubiosen Charakteren getragen“ werde, verkennt die Klarheit der strategischen Hauptstoßrichtung dieser Gruppierung.
In einem fast ganzseitigen Interview in der „ Welt“ vom 30.11. forderte Höcke unmittelbar vor dem Parteitag vom neuen Bundesvorstand „Mut zu einer Grundsatzdebatte über die Frage, was die AfD will“- Und er gab sogleich die Richtung vor: den „solidarischen Patriotismus“.
Das ist nicht einfach eine Leerformel. Es geht tatsächlich um eine noch stärkere Positionierung der AfD als „Partei der kleinen Leute und der Mittelschicht“. Höcke propagiert eine Revitalisierung des (nationalen) Sozialstaates, dem die soziale Lage und das Wohlsein seiner „deutschen“ Bevölkerung wieder mehr am Herzen liegen müsse. Wie es einst die Nazi-Partei geschickt verstanden hat, sozialen Unmut gegen die „Plutokraten der Wall Street“ und das „raffende (jüdische) Kapital“ zu schüren, um die Gemeinschaft von „schaffendem Kapital und dem deutschen Arbeiter“ zu beschwören, so findet man bei Höcke nun den Appell gegen die „falsch angelegte Globalisierung“ und den Appell an die „patriotische Pflicht“ von Konzernen wie Siemens.
„Die neoliberale Ideologie, die von allen Altparteien getragen wird (bei Goebbels hieß das ‚Systemparteien‘ – HPB) und Staaten zu Wurmfortsätzen global agierender Konzerne gemacht hat, entzieht den Volkswirtschaften dringend benötigtes Investitionskapital und senkt in den westlichen Industrienationen die Löhne zugunsten der Kapitalrendite. Die Folgen für den Sozialstaat und die Renten sind verheerend. Viele Menschen fühlen sich überfordert, sie haben Sehnsucht nach Werten, Heimat und Familie.“
Höcke belässt es nicht bei Forderungen für die „armutsfeste Staatsbürgerrente für Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft und mindestens 35 Arbeitsjahren“ und die Festlegung einer „Lohnuntergrenze“ – die Umschreibung des bisher abgelehnten Mindestlohnes. Jetzt sollen sogar Konkurrenzorgane zu den bestehenden DGB-Gewerkschaften aufgebaut werden, die eine aktive „national-soziale“ Interessenpolitik betreiben sollen.
In Thüringen besteht seit dem Frühjahr mit dem „Alternativen Arbeitnehmerverband Mitteldeutschland (Alarm)“ bereits eine Keimform dieser rechten Gegengewerkschaften. Und die Schulung und Ausbildung von AfD-Betriebs- und Personalräten soll nun auch mit Energie aufgenommen werden. Es bleibt also nicht bei Parolen.
Die mit unseren Hauptanträgen für den kommenden 22. DKP-Parteitag angestrebte deutlichere Hinwendung zur antimonopolistischen und antikapitalistischen Betriebs-, Branchen-, Gewerkschafts- und Klassenpolitik soll und muss auch als Teil unserer strategischen Antwort auf diese neue Herausforderung und Bedrohung von ganz rechts verstanden und angelegt werden.