Am Freitag der vorigen Woche konnte ver.di einen Teilerfolg für die Beschäftigten der insolventen Air Berlin verkünden. Es gab eine Einigung über Eckpunkte eines Sozialplans. In dieser Woche soll – eigentlich – darüber weiter beraten werden. ver.di, die Vereinigung Cockpit (VC) sowie der Betriebsrat von Air Berlin kämpfen nach wie vor um die Zukunft der mehr als 8 000 Air-Berlin-Mitarbeiter. ver.di und die VC hatten sich für einen regulären Betriebsübergang eingesetzt, die Insolvenzverwalter das strikt abgelehnt.
Doch jetzt könnte es schnell gehen. Ende der vorigen Woche hieß es noch, Air Berlin wolle dem gesamten Bodenpersonal bis Ende Oktober kündigen. Wer noch für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs benötigt werde, erhalte eine Kündigung erst zu Ende Februar 2018. Die anderen Mitarbeiter würden wahrscheinlich freigestellt. Nun erklärte die insolvente Fluggesellschaft, dass der Flugbetrieb bis Ende Oktober ganz eingestellt, also nicht bis zur tatsächlich erfolgten Übernahme, die einige Zeit dauern wird, fortgeführt wird. Am Donnerstag dieser Woche sollte der Gläubigerausschuss entscheiden, an welche Interessenten Teile des Unternehmens verkauft werden. Anfang der folgenden Woche sollen Gespräche über die Tochtergesellschaft Air Berlin Technik beginnen. Das Ende der Bieterfrist für diese Sparte wurde auf den 16. Oktober verschoben.
Jetzt fürchten ver.di und der Air-Berlin-Betriebsrat schnelle Massenkündigungen, die zuallererst 1 400 Beschäftigte der Verwaltung und des Bodenpersonals in Berlin, aber auch die Mehrheit der anderen Kolleginnen und Kollegen treffen könnten. Am Montag forderte ver.di deshalb die Fluggesellschaft Air Berlin auf, endlich Klarheit zu schaffen, ob und wie viele Beschäftigte zum Ende des Monats entlassen werden sollen. In einer Presseerklärung heißt es: „Es ist unerhört, ein so wichtiges Thema übers Wochenende auszusitzen und totzuschweigen! Wir erwarten eine unmissverständliche Stellungnahme …“ Das für Air Berlin zuständige ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle forderte die Politik auf, nicht tatenlos zuzusehen, wie die Fluggesellschaft mit dem Schicksal tausender Beschäftigter spiele: „Die staatliche Bürgschaft der Bundesregierung war auch zur Rettung der Arbeitsplätze gedacht. Wenn Air Berlin die Massenkündigungen wahr machen sollte, ist das ein Missbrauch der Politik und der Steuerzahler, der nicht zugelassen werden darf! Die Politik muss jetzt eingreifen und die Käufer und Verkäufer zur Räson bringen“, so das Bundesvorstandsmitglied der Gewerkschaft.
Angesichts der Versprechen des Air-Berlin-Geschäftsführers Thomas Winkelmann, für 80 Prozent der Beschäftigten seien bei den Käufern Arbeitsplätze vorhanden, sei die Kündigungsdrohung ein Hohn. „Wenn er die Wahrheit sagt, dann muss eine echte, vertraglich abgesicherte Übernahme erwirkt werden. Wenn Massenkündigungen ausgesprochen werden sollten, dann täuscht er die Beschäftigten und die Öffentlichkeit“, so Behle.
ver.di betont in Anbetracht der Lage die Dringlichkeit eine Transfergesellschaft für die Beschäftigten einzurichten. ver.di hatte in der vergangenen Woche in einem Rahmentarifsozialplan die tariflichen Voraussetzungen geschaffen, um eine Transfergesellschaft und Sozialpläne für die Beschäftigten der insolventen Airline zu vereinbaren. Eine Umsetzung ist abhängig von der Bereitstellung der nötigen Gelder durch Air Berlin, die Erwerber und die Politik. Vor der Bundestagswahl hatte es bereits positive Aussagen aus der Politik gegeben. „In der jetzigen Situation braucht es aber feste Zusagen für eine verbindliche Finanzierung“, erklärte Christine Behle in einer Pressemitteilung vom 8. Oktober.