Mittels so genannter „Öffentlich-privater Partnerschaften“ (ÖPP) könnten Infrastrukturprojekte wirtschaftlicher und schneller umgesetzt werden, als wenn der Staat selber tätig würde, tönt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur auf seiner Website. Belegen kann das Ministerium von Andreas Scheuer (CSU) diese Behauptungen nicht. Die Antwort der Bundesregierung vom 29. April auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Partei „Die Linke“ zu ÖPP bei Bundesautobahnen ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker dieser „Partnerschaften“.
Victor Perli, Mitglied des Haushaltsausschusses des Bundestags, und andere Abgeordnete wollten wissen, wie hoch die Durchschnittskosten für einen Autobahnkilometer sind. „Der Ausweis durchschnittlicher Kosten pro Kilometer Autobahn“ sei, so die Bundesregierung in ihrer Antwort, „wegen des Lebenszyklusansatzes Öffentlich-privater Partnerschaften“ nicht möglich.
Klar ist aber: Das Verkehrsministerium müsste wissen, dass ÖPP keineswegs zu „einer deutlich schnelleren Projektabwicklung“ führen. Im Schnitt vergingen bei ÖPP 35 Monate vom letzten nötigen Planfeststellungsbeschluss bis Vertragsbeginn. Bei konventioneller Realisierung beginne der Autobahnbau hingegen schon nach 30 Monaten. Weshalb die Regierung bekannte Potentiale zur Effizienzsteigerung nicht für eigene Projekte nutzt, erklärt sie nicht. Ihr lägen auch „keine Einblicke in interne Abläufe der Vertragspartner vor“, um konkrete Beispiele für die angeführte höhere „Innovationsgeschwindigkeit“ der Privatwirtschaft zu nennen.
Dieter Engels, damaliger Präsident des Bundesrechnungshofs, stellte 2013 in der NDR-Doku „Der geplünderte Staat“ fest, ÖPP seien in der Regel unwirtschaftlich, weil beteiligte Unternehmen Gewinne erzielen müssten und höhere Kreditkosten zu tragen hätten als der Staat. Zusätzliche Risiken entstehen durch private Schiedsgerichtsbarkeit, auf die Auftragnehmer gerne zurückgreifen. So läuft etwa für das Ausbauprojekt der A 7 zwischen Göttingen und Bockenem ein Schlichtungsverfahren. Ob es darin um Mehrkosten von 47 Millionen Euro geht, die wegen archäologischer Funde und Umsiedlung von Fledermäusen entstanden, oder um öffentlich noch nicht bekannte Kompensationsforderungen der Projektgesellschaft, behält die Regierung für sich. Gegenüber dem Haushalt von 2020 schlagen ÖPP 2021 mit um 7,5 Prozent höheren Kosten zu Buche, insgesamt 20,2 Milliarden Euro.
Mit Verweis auf „verfassungsrechtlich geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ sowie das Steuergeheimnis verweigert Scheuers Ministerium Antworten auf Fragen nach der Beschäftigtenzahl und Steuerlast der privaten Betreibergesellschaften. Schneller und effizienter machen ÖPP nur die Wanderung öffentlicher Gelder in private Schatullen. Die Projektgesellschaften gehen dabei keine großen Risiken ein: Verkalkulieren sie sich, haften sie gegenüber dem Staat nur mit dem eingebrachten Eigenkapital. Das seien meist nur ein paar zehntausend Euro, merkt Victor Perli an.