Dr. Johanna Scheringer-Wright ist Mitglied des Parteivorstandes der Partei „Die Linke“ und des Thüringer Landtages.
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU steuert in die falsche Richtung. Anstelle auf gesunde Nahrungsnahrungsmittel für alle, Vielfalt, Umweltverträglichkeit und Sicherung der Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu setzen, wird eine Subventionspolitik forciert, die zu einer zunehmenden Konzentration in der Landwirtschaft führt, mit immer höheren Erträgen, industrieller Tierhaltung, Schäden der Umwelt, Ausbeutung und dem Verlust von Arbeitsplätzen.
Diese Orientierung in der Landwirtschaft führt immer wieder zu Überproduktion. Um der Überproduktion Herr zu werden, werden die Produkte dann durch wiederum subventionierte Exporte in Schwellen- und sogenannte Entwicklungsländer abgesetzt. Hand in Hand mit diesen Exporten geht jedoch der Import von Futtermitteln in die industrialisierten Länder. Dieser ausbeuterische Zweiklang verdrängt Bauern und raubt ihnen die Existenzgrundlage. Damit ist Überproduktion auf der einen Seite bei gleichzeitigem Hunger, Unterernährung und Armut auf der anderen Seite programmiert.
Gewinner dieser Entwicklung sind die Konzerne der Branche. Verlierer sind Milliarden von Menschen weltweit, das Klima und die Umwelt.
Gerade das letzte Jahr hat gezeigt – der Klimawandel ist in vollem Gange. Auch die Landwirtschaft trägt in Deutschland mit 5 Prozent zur Erderhitzung bei. Dabei kann gerade die Landwirtschaft Klimaschützer sein. Dazu muss jedoch das gegenwärtige Agrarsystem geändert werden. Da geht es zum ersten um eine Ökologisierung und Regionalisierung der landwirtschaftlichen Produktion und um eine Erhöhung der biologischen Vielfalt. Die Tiere, die uns Milch und Fleisch liefern, müssen tiergerecht gehalten werden und mit regional angebauten Futtermitteln gefüttert werden. Der Einsatz von Eiweiß- und Getreidekraftfuttermittel kann gerade bei Wiederkäuern reduziert werden. Denn diese können Gras und Grünpflanzen optimal verwerten. Deshalb müssen Wiesen und Weiden, die CO2-Senken sind, verstärkt genutzt und damit geschützt werden. Dadurch werden klimaschädliche Transporte vermieden und auch der Raubbau in Drittländern eingeschränkt, weil dort weniger Fläche für die Erzeugung von Eiweißfuttermittel für die Industrienationen verbraucht wird. Zudem müssen in den industrialisierten Ländern die Düngung und der chemische Pflanzenschutz reduziert werden. Wir brauchen nachhaltige Erträge, die die Ernährung sichern, aber gleichzeitig das Klima und die Umwelt schützen.
Dies ist letztlich nur möglich, wenn es eine Abkehr von der Exportorientierung der Land- und Ernährungswirtschaft gibt und einen Bruch mit dem kapitalistischen Wachstumszwang.
Boden ist eine lukrative Kapitalanlage, mit der auch spekuliert wird. Gerade im Osten Deutschlands geht immer mehr Ackerland in die Hände landwirtschaftsfremder Investoren über. Maßgeblich dazu beigetragen hat in den letzten 28 Jahren die BVVG (Bodenverwertungs- und -verwaltungs-GmbH), die nach der politischen Wende den Privatisierungsauftrag für die volkseigenen Betriebe der DDR hatte. Inzwischen gibt es zudem große Konzerne, die sich, an der Öffentlichkeit vorbei, ganze Agrargenossenschaften unter den Nagel reißen. So geschehen zum Beispiel in Thüringen bei der Agrargenossenschaft Terra e. G. im Landkreis Sömmerda. Hier hat die Südzucker AG alle Anteile der einzelnen Genossenschafter aufgekauft, einschließlich der dazugehörigen landwirtschaftlichen Nutzfläche. Weil es sich um Anteilsverkäufe handelte, mussten weder Behörden noch die Öffentlichkeit von diesem Verkauf informiert werden. Landwirtschaftliche Betriebe oder Jungbauern aus der Umgebung wurden so vom Zugang zu diesem Land und/oder von Kaufoptionen ausgeschlossen. In anderen östlichen Bundesländern sind solche Entwicklungen noch sehr viel gravierender. Diese Ungerechtigkeit muss dringend gesetzlich angegangen werden. Denn das Land sollen die besitzen, die es auch selbst bearbeiten. Dafür werbe ich in meiner Fraktion „Die Linke“ schon seit zwei Jahren. Das links geführte Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft jedoch ist bezüglich einer Gesetzesänderung auf Landesebene eher skeptisch und blockiert. Einig sind wir uns bisher nur beim Ziel: Keine Spekulation mit Grund und Boden. Wie das umgesetzt werden soll, muss noch ausgefochten werden.