Gegen die Geschichtsklitterung in Berlin

Affront gegen Thälmann

Am Ernst-Thälmann-Denkmal an der Greifswalder Straße in Berlin wurden im November zwei Hinweistafeln angebracht, auf denen eine Mitschuld Thälmanns am deutschen Faschismus unterstellt wird. Der Berliner DKP-Vorsitzende Stefan Natke weist die auf diesen Tafeln und die während der Einweihungszeremonie vorgenommene Geschichtsfälschung zurück. Wir dokumentieren an dieser Stelle seine vollständige Erklärung.

Man muss kein Kommunist sein, um zu wissen, dass Ernst Thälmann ein Antifaschist war, der als einer der ersten Widersacher der Nazis an der Macht von ihnen verhaftet, bis kurz vor Ende des Krieges als persönlicher Gefangener von Adolf Hitler in Einzelhaft gehalten und 1944 im KZ Buchenwald auf persönlichen Befehl des Naziführers ermordet wurde.

Man muss auch kein Kommunist sein, um Respekt vor diesem Antifaschisten zu haben, der für ein besseres, friedliches Deutschland eingetreten ist, immer vor dem drohenden Faschismus gewarnt hat und als Kandidat der KPD zur Reichspräsidentenwahl 1932 im ersten Wahlgang knapp fünf Millionen Stimmen bekommen hatte. Die SPD unterstützte in diesem Wahlkampf übrigens den Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, der Adolf Hitler später zum Reichskanzler ernannte. Thälmanns Parole „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler – Wer Hitler wählt, wählt den Krieg!“, sollte noch jedem geläufig sein, vor allem weil sich die Aussage später in trauriger Weise bewahrheitete und Deutschland in die Katastrophe führte.

All das scheint die Bezirksbürgermeisterin aus Berlin-Pankow, Frau Cordelia Koch, nicht zu wissen. Am Donnerstag, den 16. November enthüllte sie gemeinsam mit Oliver Jütting (beide Grüne) zwei Hinweistafeln am Thälmann-Denkmal an der Greifswalder Straße. Mit diesen Tafeln wird die Geschichte umgeschrieben wird und die Verfälschung der historischen Ereignisse institutionalisiert.

Wider besseres Wissen verlautbarte Koch nach Angaben des „nd“, „die Historiker seien sich einig, dass Thälmann die Weimarer Republik bekämpft und geschwächt und damit die Voraussetzung geschaffen habe, dass Adolf Hitler 1933 an die Macht gelangen konnte.“ Nicht das deutsche Monopolkapital mit Krupp, Fritz Thyssen, Stinnes, Quandt und so weiter, die Hitlers NSDAP große Summen spendeten, „nicht die Wähler, die ihr Kreuz bei der NSDAP machten und nicht der Reichspräsident Paul von Hindenburg, der Hitler zum Kanzler ernannte, wären demnach die Schuldigen, auch nicht die bürgerlichen Parteien, die im Reichstag für das Ermächtigungsgesetz stimmten, sondern der Kommunist Thälmann“, ordnete „nd“ das Gesagte ein. Das auf den Hinweistafeln ausgeführte stellt die Geschichte komplett auf den Kopf.

Man muss kein Kommunist sein, um sich gegen diese Geschichtsklitterung zu wehren. Wer den Anfängen nicht wehrt, braucht sich hinterher nicht zu wundern, wenn ihm das Fell über die Ohren gezogen wird. Erinnert sei an den Ausspruch von Pastor Martin Niemöller: „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

Als Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) in Berlin und als Bürger von Pankow, verurteile ich diese erneute grausame Demütigung des Antifaschisten und KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann durch die Bürgermeisterin von Berlin-Pankow, Frau Cordelia Koch. Wer damals den Faschismus vorbereitet und an die Macht gebracht hat, ist bekannt. Wer im Moment dabei ist, den Faschismus in unserem Land wieder salonfähig zu machen, wird die Geschichte feststellen. Der reaktionäre Staatsumbau ist bereits in vollem Gange und der Abbau der Demokratie ist täglich zu spüren. Die grüne Partei ist aktiv daran beteiligt, sie sitzt mit in der Bundesregierung und in vielen Rathäusern.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.



UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
Unsere Zeit