Polen: Rechte hetzen gegen Flüchtlinge – die Linke ist schwach

Ängste schüren

Von Anton Latzo

Die sozialen und politischen Widersprüche in der polnischen Gesellschaft verschärfen sich. Soziale Probleme, ideologischer Wirrwarr und eine Außenpolitik der Ergebenheit gegenüber den USA – bei ambivalenter Haltung gegenüber der EU und Deutschland – prägen die Lage. Und: Am 25. Oktober finden Parlamentswahlen statt.

Vor diesem Hintergrund diskutieren die Parteien über die Frage, wie Polen mit den Flüchtlingsströmen umgehen soll. Bis Ende dieses Jahres wird die Schärfe der Diskussion noch davon beeinflusst sein, dass bei den Präsidentschaftswahlen im Frühsommer 2015 der bis dahin relativ unbekannte Politiker Andrzej Duda (PiS) gegen den amtierenden Präsidenten gewonnen hat. Die Regierungspartei PO (Bürgerplattform) will durch Schärfe der Tonlage, die bis zur Hetze treibt, verlorenen Boden wieder gutmachen. Die Präsidenten-Partei will mit den gleichen Mitteln die Positionen ausbauen.

„Rechte Parteien nutzen die Flüchtlingsfrage,

um die Unzufriedenheit abzulenken.“

Die Linke ist dagegen schwach – auch das prägt die Debatte und lässt Raum für aggressive rassistische Hetze. Es gibt keine geistige und politische Strömung, die diese Frage auf der Grundlage eines klassenmäßigen und internationalistischen Standpunktes behandelt. Das Feld gehört den Parteien, die den Kapitalismus als natürlichen Zustand der Gesellschaft betrachten.

Und schließlich wird die Haltung der regierenden politischen Lager in Polen durch den im Lande stark verbreiteten Katholizismus und seiner Haltung zu andersgläubigen Menschen geformt. Ein großer Teil der Menschen folgt diesem Weg. Sowohl die jetzige Regierungspartei PO (Bürgerplattform) als auch die Oppositionspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) übernehmen wesentliche Teile der Standpunkte der katholischen Kirche sowohl aus grundsätzlichen Überlegungen als auch aus populistischen Motiven.

Die neu gegründete „Vereinigte Linke“, ein Zusammenschluss auf der Grundlage verschiedener linker Tendenzen, die den Schätzungen zur Folge auf 10 Prozent der Wählerstimmen kommen könnte, hat bisher weder die ideologischen Voraussetzungen noch die politische Kraft, eine Konzeption zu vertreten, die den internationalistischen Ansprüchen in der jetzigen Situation gerecht werden könnte.

Charakteristisch für die gegenwärtige Situation in Polen ist, dass der Großteil der bisherigen Flüchtlinge aus der Ukraine stammen. Allein 2014 soll Polen aus der Ukraine offiziell über 300000 Flüchtlinge aufgenommen haben. Diese kommen aber in überwiegender Mehrzahl nicht aus der Ostukraine, wo bewaffnete Kämpfe stattfinden, sondern aus den westlichen Teilen der Ukraine.

Vor allem die PiS nutzt die Flüchtlingsfrage, um die wachsende Unzufriedenheit der werktätigen Bevölkerung über die Sozialkürzungen und Privatisierungen der PO-Regierung für politisch und gesellschaftlich rechts-nationalistische Ziele zu missbrauchen.

Erst wird Angst vor Überfremdung geschürt, um dann diese Angst für politische Ziele auszunutzen – auch, aber nicht nur in Polen.

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"Ängste schüren", UZ vom 23. Oktober 2015



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