Über den Aufruf des DGB zum Antikriegstag

Adel verpflichtet

Von den vier Mitgliedern des Geschäftsführenden Bundesvorstands des DGB haben drei eine Karriere bei SPD, CDU und Grünen hinter sich. Sie waren oder sind eingebunden in die Vorstände von Sozialversicherungen oder der Rundfunkräte. Die Vorsitzende Yasmin Fahimi hatte es sogar schon bis zur Staatssekretärin gebracht. Sie sichern damit die bürgerliche Hegemonie in den Gewerkschaften personell ab.

Lenin untersuchte in seinem Imperialismus-Werk diese besondere Schicht der Arbeiterklasse. Die Arbeiteraristokratie bilde sich im Monopolkapitalismus gesetzmäßig heraus: „Ursachen: 1. Ausbeutung der ganzen Welt durch das betreffende Land; 2. seine Monopolstellung auf dem Weltmarkt; 3. sein Kolonialmonopol. Wirkungen: 1. Verbürgerung eines Teils des (…) Proletariats; 2. ein Teil lässt sich von Leuten führen, die von der Bourgeoisie gekauft sind oder zumindest von ihr bezahlt werden.“

Wundern darf man sich unter den derzeitigen Kräfteverhältnissen nicht über die Politik des DGB, die im Aufruf der Dachgewerkschaft zum 1. September, dem Antikriegstag, deutlich wird. Seit dem völkerrechtswidrigen Überfall der Bundeswehr auf Jugoslawien 1999 stehen die Gewerkschaftsführungen Gewehr bei Fuß, wenn „ihre“ Regierung in den Krieg zieht. Im aktuellen Aufruf positioniert sich der DGB an der Seite der NATO gegen Russland und an der Seite Israels gegen Palästina.

„Die Welt gerät aus den Fugen“, heißt es dort zur Umschreibung der Weltlage. Es brauche eine „Koalition von Staaten“, die Konfliktursachen an der Wurzel bearbeiten und nicht über „Kriegstüchtigkeit“ diskutierten. Hier drückt sich die Angst des Arbeiter­adels vor dem eigenen Abstieg aus – Ursache: Verlust der Vorherrschaft der „eigenen“ Bourgeoisie. Gleichzeitig kann eine Gewerkschaftsführung die Augen vor der Kriegsgefahr nicht verschließen. Dazu im Aufruf: „Völlig unzureichend bleibt hingegen das Eintreten Deutschlands für Abrüstung, Rüstungs- und Rüstungsexportkontrolle.“ Im letzten Jahr wusste der DGB noch, dass jeder Euro, der für Aufrüstung ausgegeben wird, woanders fehlen muss. Folgerichtig wurde der Verzicht auf das 2-Prozent-Rüstungsziel der NATO gefordert. Diese Forderung fehlt – wenige Wochen nachdem die NATO verkündete, dass Deutschland 2024 mit Kriegsausgaben von mehr als 90 Milliarden Euro das Ziel übertreffen werde.

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"Adel verpflichtet", UZ vom 12. Juli 2024



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