Was tun, wenn ringsum der falsche Schein jubiliert?

Ach du fröhliche!

Ist nicht gleich Weihnachten? Es scheint so. Trotz Corona. Aber naht ein Friedensfest? Die Engel singen sich die Kehle wund, indes, sie kommen gegen die Schrilltöne da unten nicht an. Gegen das dauernde Kriegsspiel des Kapitals und das hungrige Bellen seiner Rüstungsindustrie, gemischt mit Elendsschreien aus den Zonen älterer oder jüngerer imperialistischer Aggression. Gegen die Kommandos neokolonialistischer Ausplünderer, denen die Hilferufe ertrinkender, herumgestoßener Flüchtlinge folgen. Gegen die brachialen „Ordnungsrufe“ an die Adresse der Völker, die sich von der angemaßten westlichen Führungsmacht nicht am Nasenring durch die Geschichte ziehen lassen. Gegen das Tröten der transatlantischen Ideologie-Broker. Die wollen der Welt den Endsieg der „westlichen Werte“ einhämmern, blasen ihr ein janusköpfiges Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen ins Ohr und haben doch nur die Antithese zur Weihnachtsbotschaft im Sinn. Ach du fröhliche! Die Schrilltöne verebben zur Weihnacht nicht, der Wertegott des kapitalistischen Westens bleibt auch am Heiligen Abend der Mehrwert. Und was machen wir Besorgten, wenn ringsum der falsche Schein jubiliert?

Wir wollen nahe bei den Kindern sein! Sie sind unsere Hoffnung. Sie brauchen eine friedliche und gerechte Zukunft am meisten. An ihrer Seite lasst uns darum – Fest der Besinnung! – wieder über Werte nachdenken! Die Geschichte hat gute Argumente, um der Verlogenheit der westlichen Geldwelt die Zukunftsfähigkeit unserer Werte, unseres kommunistischen Ideals entgegenzuhalten. Erst recht in Zeiten linker Enttäuschungen ist das nötig und tut der Seele gut.

Die Hybris von der Pax americana ist demaskiert. Die Wege dieser „Pax“ sind gepflastert mit militärischen Aggressionen, Staatsstreichen gegen demokratisch gewählte Regierungen, übersät mit Wirtschaftssabotage, Mord und Mordversuchen an missliebigen Politikern, besudelt von der Grausamkeit marodierender Contra-Banden, berankt vom Kommunistenhass gemieteter „Helden“ der „Farbenrevolutionen“. Auf ihren Trampelpfaden wurde die zu Détente-Zeiten mühsam errichtete regionale und globale Sicherheitsarchitektur ruiniert, marschierte die NATO säbelrasselnd vor Russlands Grenzen auf und soll nun eine Allianz Williger zur Bändigung der aufstrebenden chinesischen Volksrepublik geschmiedet werden. Diese „Pax“ setzte geostrategischen und wirtschaftlichen Eigennutz stets vor die Lebensinteressen der Völker, überließ den zuschanden gerittenen Nationen das Elend und der Welt die Kosten. Dabei gäbe es doch im eigenen Haus genug Müll auszukehren: Demokratiebankrotte; rassistische, nationalistische, faschistische Übergriffigkeit; Habgier und Korruption der Eliten bei immer obszönerem Zugewinn an der Spitze der Reichtumspyramide. Da soll uns lammhafte Gefolgschaft als „wertebasierter“ Bruderbund verkauft werden?

Wir bleiben bei Sinnen! Wofür wir immer kämpften, war und ist eine andere Welt. Ein kreativer Ort für die Menschheit, wo Ausbeutung endet, wo Frieden und Völkerfreundschaft Volkes Wille und Staatsdoktrin sind, wo Vollbeschäftigung, Brechung des Bildungsprivilegs, Gleichberechtigung von Mann und Frau, menschliche Toleranz und Solidarität, eine angemessene Daseinsvorsorge für jedermann und ungehinderte Teilnahme an einem reichen kulturellen Leben garantiert sind.

Ich bin in der DDR aufgewachsen und habe erlebt, wie diese Werte Geltung erlangten. Was geschaffen wurde und was aus Fehlern und Irrtümern zu lernen war, ragt nun als Erfahrung in die Zeit: Ein befreites Leben jenseits aller kapitalistischen Malaisen und Verbrechen ist keine Utopie, sondern ein reales Menschheitsziel, das den entschiedensten Kampf lohnt. Die Geschichte ist nicht zu Ende, sondern sie wird sich wenden. Warten wir die Zukunft ab!

Hartmut König ist Mitbegründer der legendären DDR-Singegruppe „Oktoberklub“. Die UZ-Redaktion freut sich, ihn für eine monatliche Kolumne gewonnen zu haben.
Seite Autobiographie „Warten wir die Zukunft ab“, 560 Seiten, Neues Leben, Eulenspiegel Verlagsgruppe, 24,99 Euro gibt es auch im uzshop.de

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"Ach du fröhliche!", UZ vom 10. Dezember 2021



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