Die Welt wartet auf Antwort nach den Angriffen auf Beirut und Teheran – Israel droht weiter

Absoluter Wille zum Krieg

Die israelische Quasi-Mobilmachung, die Sperrung des Luftraums im Norden, die Vorbereitung von Krankenhäusern auf die mögliche Aufnahme von Verletzten, die permanente Alarmbereitschaft des Militärs und der Bevölkerung und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen nützen dem Iran, der Hisbollah und ihren Verbündeten. Sie wissen, wann sie auf die Ermordung des Kommandeurs der Hisbollah, Fouad Shukr, in Beirut und des politischen Chefs der Hamas, Ismael Hanija, in Teheran reagieren werden. Israel, die Region und die Welt müssen (zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe von UZ) auf diese Reaktion warten.

Der Tod von zwölf Kindern und Jugendlichen bei der Explosion einer Rakete in dem drusischen Dorf ­Majdal Shams auf dem besetzten Golan ist nur vordergründig der Ausgangspunkt der aktuellen Krise. Die israelische Regierung wies die Verantwortung dafür umgehend der Hisbollah zu. Ein scheinheiliger Vorwurf, wenn man bedenkt, dass das israelische Militär in den letzten Monaten Abertausende palästinensische Kinder und Jugendliche getötet hat. Und ein unangemessener Vorwurf zudem: Die Hisbollah richtet ihre Angriffe im Norden Israels auf militärische Ziele. Ein Angriff auf ein drusisches Dorf in Syrien – denn das ist das besetzte und annektierte ­Majdal Shams eigentlich – wäre völlig sinnlos gewesen.

Für Benjamin Netanjahu und seine Regierung war der Tod dieser Kinder und Jugendlichen ein willkommener Anlass, den Krieg auszuweiten und einen Geiselaustausch nahezu auszuschließen. Das Plazet der USA nahm Netanjahu mit den Beifallsstürmen im US-Kongress, dem Treffen mit Vizepräsidentin Kamala Harris und den Erklärungen des Kriegsministers Lloyd Austin, die USA würden „Israel verteidigen“, als gegeben hin.

Tatsächlich geht der Wille zum Krieg weit über Netanjahu und seine Regierung hinaus. Teile der Opposition werfen Netanjahu gerade seine Zurückhaltung vor, den Krieg im Norden auszuweiten – auch wenn er dabei nur dem Druck der USA nachgab. Benjamin Gantz, Hoffnungsträger der USA und ehemals Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, versprach breite Unterstützung von außerhalb der Regierung für jede „entschlossene und wirksame Antwort“ im Norden, die die Sicherheit der Bürger wieder herstelle. Ähnlich äußerte sich Oppositionsführer Yair Lapid. Der Vorsitzende der nationalistischen Partei Jisra’el Beitenu, Avigdor Lieberman, verlangte, der Generalsekretär der Hamas, Hassan Nasrallah, müsse „den Preis zahlen“, und der Knesset-Abgeordnete Michel Buskila von der nationalliberalen Partei „Neue Hoffnung“ wollte gar Beirut in Stücke schlagen.

Jede gewünschte Unterstützung erhält Israel von den USA. Sie verlegen weitere Schiffe und Flugzeuge in die Region, zum Schutz der eigenen Truppen und Israels gegen einen „iranischen Angriff“. Die neue britische Regierung ist ein wenig aus dem Gleichschritt gefallen: Verträge über neue Waffenlieferungen wurden zunächst einmal gestoppt. Doch der britische Verteidigungsminister John Healey diskutiert gerade mit seinem israelischen Kollegen Joaw Galant die aktuelle Situation und die weitere britische Unterstützung für Israel – daran wird es am Ende nicht mangeln.

Und die deutsche Außenministerin Annalena Baer­bock ruft – wie immer erst nach der israelischen Aggression – zur Mäßigung auf.

Die Vereinbarungen von Peking zwischen Hamas, Fatah und anderen palästinensischen Gruppen setzen Israel unter Druck. In Tunis und Amman demonstrierten Tausende gegen die Ermordung von Fouad Shukr und Ismael Hanija. Und auch in Tel Aviv gab es erneut einen Massenprotest und die Forderung nach einem Waffenstillstand in Gaza. Doch stattdessen droht eine massive Ausweitung des Krieges.

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"Absoluter Wille zum Krieg", UZ vom 9. August 2024



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