Wenn die Beherrschten mit der Form einverstanden sind, in der Macht über sie ausgeübt wird, dann ist das kostengünstig für die Herrschenden. Da hat sich bürgerliche Demokratie in ihrer langen Geschichte als effektivste Form der Herrschaft einer Minderheit über die Mehrheit erwiesen. Faschismus und autoritäre Regime schmutzen stark und es bedarf anschließend großen intellektuellen Aufwands, die Verantwortung dafür irgendwelchen Randgruppen zuzuschieben. Diese sind also nur das Instrument der Wahl, wenn die Masse der Zukurzgekommenen aufmüpft und tatsächlicher Schaden für das Profitsystem zu befürchten ist.
Das System der bürgerlichen Demokratie ist ausgereift und erprobt. Parlamentarismus wird gerne genommen: möglichst eine Kapitalistische Einheitspartei mit zwei Flügeln, die unterschiedliche Kapitalinteressen repräsentieren und mit ihrem Gezänk den Anschein von Opposition suggerieren. Als Stütze Ordnungsfaktoren: die Polizei und die Justiz, die die Regeln der inneren Auseinandersetzung jeweils auf den aktuellen Stand bringt. Und als besondere Errungenschaft: die selbsternannte „vierte Gewalt“, die Medien, teils öffentlich-rechtlich, idealerweise aber im Besitz ausgewählter und aufgeklärter Kapitalkreise, die daran arbeiten, den gesellschaftlichen Diskurs innerhalb einer vorgegebenen Bandbreite zu halten.
Der künftige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika scherte sich in seinem Wahlkampf nicht darum, wenn die Linienrichter der öffentlichen Meinung „Aus“ pfiffen. Mit seinen Pöbeleien und seiner offenen Wichtigtuerei, seiner Dämonisierung von Mexikanern und Muslimen, seinem vorgeblichen „America first“-Isolationismus, seinem chauvinistischen Verhältnis zu Frauen sprach er Wählerschichten an, die sich von „Establishment“ verraten fühlen. Der Multimilliardär wurde von einem reaktionären „Antikapitalismus der dummen Kerls“ der Opfer der Produktivkraftentwicklung und der Krise und der Abstiegsbedrohten, zum Wahlsieg getragen. Das hat den Ideologiepfaffen aller Ränge in Sendern und Redaktionen ihre Grenzen aufgezeigt, diesen Meinungsstrom zu kanalisieren ist ihnen nicht gelungen. Dieses Scheitern verwinden sie nicht so schnell, weil es die eigene Bedeutung auf ein realistisches, nämlich Zwergenmaß schrumpft.
Während also die PolitikerInnen sich schnell aus der Schockstarre gelöst haben und an Strategien zum Umgang mit der unberechenbaren Größe arbeiten, beschäftigen sich die Medien über eine Woche nach Trumps Wahlsieg immer noch vordergründig mit ihm als einem unbegriffenen „Phänomen“, tiefer geblickt aber mit der eigenen Rolle als Systemstabilisator.
Sie werden den Schock überwinden. Verletzungen des Selbstwertgefühls werden bleiben, weil ein Idiot über sie triumphiert hat. Aber Trump ist nicht der erste Idiot im Weißen Haus, im übergeordneten Interesse haben die Medienleute auch gelernt, mit Ronald Reagan und George W. Bush umzugehen. Im Interesse des Einverständnisses der Beherrschten mit der Macht.