Als sein Vater am 9. Oktober 1967 von bolivianischen Soldaten auf Befehl des US-Geheimdienstes CIA ermordet wurde, war Camilo erst fünf Jahre alt. Im Abschiedsbrief an seine drei Töchter und zwei Sohne hatte Ernesto Che Guevara vor seiner Abreise in den Guerillakampf geschrieben: „Wenn ihr diesen Brief einmal lesen müsst, dann deshalb, weil ich nicht mehr unter euch bin. Ihr werdet euch fast nicht mehr an mich erinnern, und die Kleinsten werden gar nichts mehr von mir wissen. Euer Vater war ein Mann, der handelt, wie er denkt, und sicherlich seinen Überzeugungen treu geblieben ist. Wachst auf als gute Revolutionäre. (…) Seid vor allem immer fähig, jede Ungerechtigkeit, die gegen irgendjemanden irgendwo auf der Welt begangen wird, tief in euch zu empfinden.“
Camilo, der am 20. Mai 1962 in Havanna geboren worden war, folgte dieser Empfehlung. Nachdem er in Havanna Jura studiert und einen Abschluss in Arbeitsrecht gemacht hatte, widmete er sich vor allem der Dokumentation und Forschung über seinen legendären Vater. Bis zuletzt leitete er zusammen mit seiner Mutter Aleida March in Havanna das „Centro de Estudios Che Guevara“, ein Forschungs- und Dokumentationszentrum, das aus dem 1983 eröffneten „Persönlichen Archiv des Che“ hervorgegangen ist. Und er reiste um die Welt, informierte über das Leben seines Vaters und vor allem über sein Heimatland Kuba. So tourte er Ende der 1990er Jahre zusammen mit seiner Schwester Aleida bei einer von Solidaritätsgruppen, der DKP sowie Gewerkschafts- und Juso-Strukturen organisierten Rundreise durch Deutschland. Im Frankfurter Gewerkschaftshaus antwortete er auf Fragen nach Regierungsgegnern auf Kuba, dass es unter elf Millionen Kubanern halt auch solche gebe, denen das alles nicht passe. „Manche lassen sich ja sogar dafür bezahlen. Aber die meisten Menschen auf Kuba haben durch die Revolution hinzugewonnen. Die Revolution hat ihre Basis im Volk.“ Ihm war bewusst, was auch vor wenigen Tagen auf dem UZ-Pressefest in Berlin wieder deutlich wurde: „Die Kubanische Revolution ist für die gesamte Linke gerade jetzt wichtig.“
Am 30. August erlitt Camilo in der venezolanischen Hauptstadt Caracas eine Lungenembolie, die zu einem tödlichen Herzinfarkt geführt habe, wie die Nachrichtenagentur Prensa Latina berichtete. Camilo war in zweiter Ehe mit der Venezolanerin Rosa Aliso verheiratet und hatte mit ihr zwei Töchter. Eine dritte Tochter stammt aus seiner ersten Beziehung mit Suylén Milanés, der inzwischen verstorbenen Tochter des kubanischen Sängers Pablo Milanés.
Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel sprach den Angehörigen über Twitter sein tiefes Mitgefühl aus. Auch Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro würdigte Camilo als „treuen Verteidiger des Lebens und revolutionären Erbes seines Vaters“. Das Außenministerium in Caracas hob in einem Statement Che als „ewig gültiges Symbol des revolutionären Kämpfers“ hervor, der sich der Sache der sozialen Befreiung der Völker verschrieben habe.