Internationale kommunistische Konferenz in Prag

70 Jahre danach: Gegen Krieg und Faschismus

Von André Scheer

„Vertreter von 19 Parteien diskutierten über die Bedeutung des antifaschistischen Kampfes heute.“

„Die imperialistischen Bündnisse haben die Kriegsgefahr verschärft.“

Mit zahlreichen Veranstaltungen haben die tschechischen Kommunisten in den vergangenen Wochen an den 70. Jahrestag des Sieges über den Faschismus und der Befreiung Prags am 9. Mai 1945 erinnert. Dabei ging es ihnen unter anderem darum, der Geschichtsklitterung entgegenzutreten, die den Beitrag der US-Armee zur Befreiung der Tschechoslowakei überbewertet. Man gedenke allen Opfern des Kampfes um die Befreiung, erklärte ein Sprecher der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM) in Prag bei der Ehrung der gefallenen Rotarmisten auf einem Friedhof in Prag. Man dürfe aber nicht vergessen, dass den 165 gefallenen US-Soldaten rund 150 000 Rotarmisten gegenüberstehen, die ihr Leben für die Befreiung der Tschechoslowakei gegeben hätten.

Politischer Höhepunkt der Gedenkveranstaltungen in Tschechien war am vergangenen Wochenende eine internationale Konferenz, zu der die KSCM kommunistische und linke Parteien aus aller Welt eingeladen hatte. 19 Parteien aus 18 Ländern konnte der Vorsitzende Vojtech Filip schließlich begrüßen, unter ihnen Vertreter aus Kuba, Brasilien, China,Vietnam, Russland, Japan, Griechenland und Portugal. Aus Deutschland waren Vertreter der DKP und der Partei Die Linke nach Prag gekommen.

Ziel der Konferenz war, vor dem Hintergrund des 70. Jahrestages die Bedeutung des antifaschistischen Kampfes heute und der Zusammenarbeit der internationalen kommunistischen Bewegung zu diskutieren. Das ist in beeindruckender Weise gelungen, wie sich die internationalen Gäste anschließend einig waren. Ein Höhepunkt der konstruktiven Diskussion war, dass den anwesenden Delegierten aus den regionalen Organisationen der KSCM die Möglichkeit gegeben wurde, den internationalen Vertretern Fragen zu stellen. So gelang es dem Vertreter der KP Vietnams, die heikle Frage nach dem derzeitigen Konflikt seines Landes mit der VR China um einige Inseln im südchinesischen Meer inhaltlich tiefgehend und zugleich diplomatisch angemessen zu beantworten. Auch Abgesandte anderer linker Organisationen aus Tschechien kamen zu Wort, so Vertreter der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei und der Partei des demokratischen Sozialismus.

In der eigentlichen Diskussion betonte Albano Nunes von der Portugiesischen Kommunistischen Partei, dass Krieg nicht unvermeidbar sei. Es sei die Aufgabe der Kommunisten, den Kampf gegen Krieg und Faschismus zu führen und ihn so zu verhindern. In diesem Zusammenhang warnte er vor der Illusion, dass die Europäische Union einen Beitrag zum Frieden leisten könne. Vielmehr hätten die imperialistischen Bündnisse die Kriegsgefahr verschärft. Zugleich seien Allianzen wie die EU und die NATO auch gefährliche Spaltungsversuche gegen die kommunistische Bewegung. Innerhalb der EU sei nur eine neoliberale, militaristische und föderale Entwicklungsrichtung möglich. Für Portugal seien grundsätzliche Verbesserungen deshalb nicht innerhalb der EU möglich, betonte Nunes. Zugleich sprach er sich aber dafür aus, die Zusammenarbeit auch mit Linksparteien zu pflegen, die der Europäischen Union positiv gegenüberstehen. Zum Beispiel im Kampf gegen das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU gebe es wichtige Übereinstimmungen.

Fausto Sorini von der Kommunistischen Partei Italiens (PCdI) warnte anhand der bitteren Erfahrungen der einst mächtigen italienischen KP davor, die ideologische Arbeit zu vernachlässigen. „Wie konnte aus der Partei von Gramsci und Togliatti die Partei von Renzi werden?“ fragte er mit Blick auf den seit 1990 abgelaufenen Übergang von der PCI zur heutigen Demokratischen Partei (PD), die hinter der neoliberalen und imperialistischen Politik Italiens stehe. Ausgerechnet der damalige US-Präsident Ronald Reagan habe sich als hellsichtig erwiesen, als er in den 80er Jahren die damals formell stärkste Kraft der westeuropäischen kommunistischen Bewegung als deren schwächste Partei bezeichnete. Tatsächlich habe die PCI die Orientierung auf die Arbeiterklasse und die politische Bildung ihrer Mitglieder vernachlässigt, was die Aufgabe der revolutionären Positionen durch eine bürgerliche Führung erst möglich gemacht habe. Heute gehe es darum, aus den klein gewordenen italienischen kommunistischen Parteien, die in Umfragen nur noch bei zwei Prozent liegen, wieder eine starke Organisation zu schaffen.

Für die Ungarische Arbeiterpartei prangerte deren Vorsitzender Gyula Thürmer die soziale Demagogie der rechten FIDESZ-Partei in seiner Heimat an. 90 Prozent der von dieser erzkonservativen Kraft erhobenen Forderungen seien identisch mit denen der Kommunisten, aber würden mit Hetze gegen Minderheiten und einer neoliberalen Wirtschaftspolitik verbunden. „Wir müssen sie bekämpfen, denn sie betrügen die Arbeiterklasse“, unterstrich der ungarische Gast.

Eine Auseinandersetzung zwischen den USA und Deutschland um die Vorherrschaft in Europa sieht die Kommunistische Partei Griechenlands. Makis Papadopoulos und Mirsini-Christina Pyromali unterstrichen, dass die EU nicht reformierbar sei, weshalb Griechenland diese Union verlassen müsse. Scharf kritisierten sie die derzeitige griechische Regierungspartei Syriza, die diesen Schritt nicht tun wolle.

Für die Kommunistische Partei der Ukraine erteilte Wolodimir Aleksij auch nach dem Verbot sowjetischer Symbole durch das Regime in Kiew Forderungen nach einer Umbenennung der Partei und nach einer Änderung von deren Symbol – Hammer und Sichel – ab. Die Konferenz verabschiedete einmütig eine Solidaritätserklärung für die ukrainischen Genossen. Vojtech Filip sprach als Gastgeber sicher allen Anwesenden aus dem Herzen, als er den klaren Kurs der ukrainischen Kommunisten würdigte.

Auch der Vertreter der Französischen KP, Gilles Garnier, warnte vor der Gefahr der extremen Rechten in seinem Land. Der Aufstieg der Front National sei durch die Politik der Regierungen von Nicolas Sarkozy und Francois Hollande befördert worden. Wenn der derzeitige Innenminister wiederholt erkläre, Frankreich befinde sich im „Krieg“ gegen den Terrorismus, könne er nicht glaubwürdig die rassistische Hetze der FN gegen Migranten bekämpfen. Gefährlich sei zudem, dass die FN inzwischen den Platz für sich beanspruche, den in den 60er Jahren die Linke ausgefüllt habe.

Das Thema des Kampfes gegen Rassismus zieht sich auch durch die Abschlusserklärung. Mit Blick auf den Tod Tausender Menschen an den Grenzen der EU fordern die Kommunisten darin, dass in erster Linie die G7-Staaten als Verursacher der blutigen Konflikte und Katastrophen in Afrika dafür sorgen müssten, dass die Menschen in ihren Heimatländern nicht mehr zur Flucht gezwungen werden. Gleichzeitig wird die Öffnung legaler Zuwanderungswege nach Europa verlangt, damit die Menschen nicht länger unter Lebensgefahr die Grenzen der Festung Europa überwinden müssen.

„Vertreter von 19 Parteien diskutierten über die Bedeutung des antifaschistischen Kampfes heute.“

„Die imperialistischen Bündnisse haben die Kriegsgefahr verschärft.“

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"70 Jahre danach: Gegen Krieg und Faschismus", UZ vom 5. Juni 2015



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