Organisation für Afrikanische Einheit: Ausdruck veränderter Machtverhältnisse

60 Jahre Kampf gegen den Kolonialismus in Afrika

Fédération Internationale des Résistants

Die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) ist der Vorläufer der Afrikanischen Union (AU). Mit ihrer Gründung heute vor 60 Jahren in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba untermauerten die beteiligten Staaten ihren Anspruch, ihre Entwicklung selbst in die Hand nehmen zu wollen und das Joch des Kolonialismus endlich abzuschütteln. An diesen Meilenstein erinnert die Fédération Internationale des Résistants (FIR) in einer Pressemitteilung:

Die FIR erinnert daran, dass vor 60 Jahren ein Durchbruch in der antikolonialen Entwicklung Afrikas gelang: die Gründung der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU). Als am 25. Mai 1963 in Addis Abeba 30 unabhängige Staaten diese Organisation gründeten, war sie Ausdruck einer Veränderung der politischen Machtverhältnisse in Afrika durch die Überwindung der Dominanz Frankreichs in West- und Zentralafrika und das Ende der kolonialen Herrschaft in weiten Teilen des Kontinents. Eine der wichtigen Persönlichkeiten für die Entwicklung der OAU war Ägyptens Präsident Gamal Abdel Nasser. Dennoch wurde als Sitz der OAU Addis Abeba (Äthiopien) gewählt.

Selassie and Nasser 1963 - 60 Jahre Kampf gegen den Kolonialismus in Afrika - Afrikanische Union, Organisation für Afrikanische Einheit - Blog
Haile Selassie und Gamal Abdel Nasser 1963 in Addis Abeba (Foto: public domain)

Die Charta der Organisation wurde von 32 unabhängigen Staaten unterzeichnet. Es ging damals vor allem um den Prozess der weiteren Dekolonialisierung in Afrika. Zum ersten Ziel wurde die Befreiung Angolas von der portugiesischen Kolonialherrschaft erklärt. Ferner wurde ein Komitee zur Befreiung Afrikas (African Liberation Committee) gegründet, das den antikolonialen Kampf unterstützen sollte. Eine besondere Leistung der OAU war es, für die Staaten des afrikanischen Kontinents einen neuen Weg zur Konfliktvorbeugung und -regulierung zu entwickeln. Nicht mehr die ehemaligen Kolonialmächte sollten eingreifen dürfen, sondern Konflikte sollten zuerst nach Maßgabe der eigenen Prinzipien eingedämmt werden, bevor bei erheblich ausgeweiteten Konflikten Hilfe bei der UN gesucht wurde.

Mit dem Ende des Apartheid-Regimes in Südafrika waren 1994 faktisch alle afrikanischen Staaten Mitglied der OAU. Gemeinsam beschloss man, dass der afrikanische Kontinent eine atomwaffenfreie Zone sein solle (Vertrag von Pelindaba). Da sich die Zusammenarbeit der afrikanischen Staaten deutlich weiterentwickelt hatte, wurde es Anfang des neuen Jahrtausends Zeit, die Strukturen der Zusammenarbeit zu überarbeiten.

Der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi sah in dieser Modernisierung der OAU eines seiner großen politischen Projekte. Mit dem „Constitutive Act of the African Union“ vom 8. September 2000 wurde diese neue Struktur Wirklichkeit, die ebenfalls zur Gründung einer Afrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft führte. Das war auch dringend, denn alle afrikanischen Staaten hatten erleben müssen, dass die formelle Aufhebung des Kolonialstatus einherging mit einer ökonomischen Abhängigkeit, die von der Dominanz der imperialistischen Hauptländer geprägt war.

Das Ziel der modernisierten Organisation war es, die Einheit und Solidarität der afrikanischen Staaten zu fördern und als einheitliche Stimme des Kontinents zu agieren. Die Union sollte den Kolonialismus in Afrika auslöschen und die Unabhängigkeit fördern. In der Gründungserklärung wurden die Menschenrechte und die Souveränität der Mitgliedstaaten bestätigt. Gleichzeitig wurde entschieden, dass die Afrikanische Union unter bestimmten Voraussetzungen in politische Konflikte eines Mitgliedsstaates eingreifen durfte. Da es in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach Militärputsche gegeben hatte, wurde festgelegt, dass Regierungen, die verfassungswidrig an die Macht gekommen sind, von der Teilnahme an Aktivitäten der Afrikanischen Union ausgeschlossen werden konnten.

Obwohl mit der Charta der Afrikanischen Union ein Instrument der Konfliktlösung gegeben ist, haben die ehemaligen Kolonialmächte diesen Weg der afrikanischen Unabhängigkeit keineswegs akzeptiert. So agiert z.B. Frankreich militärpolitisch so, als seien die westafrikanischen Staaten weiterhin ihr Einflussgebiet, indem sie mit Eingreiftruppen und Stationierungen vorgeblich für „Ruhe und Ordnung“ sorgen, was die betreffenden Staaten nur eingeschränkt akzeptieren.

Als der „Arabische Frühling“ von 2010 bis 2012 stattfand, waren es wiederum die ehemaligen Kolonialmächte, unterstützt durch die NATO-Staaten, die Regimewechsel in ihrem Sinne forcierten, während die Afrikanische Union weitgehend an den Rand gedrängt wurde. Insbesondere die Entmachtung von Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi machte deutlich, dass es dabei nicht um Demokratie, sondern um die Zugriffe auf die Rohstoffressourcen und die Ausschaltung von unliebsamen Politikern ging.

Die durch die Bürgerkriege ausgelösten politischen Destabilisierungen, der zunehmende Einfluss von Warlords mit internationalen Verbindungen haben auch Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit der Afrikanischen Union, deren Vertreter weiterhin versuchen, sich aus der Abhängigkeit der früheren Kolonialmächten zu lösen und mit eigener Stimme bei internationalen Konflikten zu Wort zu melden.

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