Ärzte in Großbritannien kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen

4 000 Operationen abgesagt

Aus Schrittmacher – Zeitung der DKP Berlin für die Charité

Erstmals seit 40 Jahren streikten am 12. Januar die Assistenzärzte in England für 24 Stunden. Der Streik richtete sich gegen lange Arbeitszeiten, unbezahlte Überstunden und geplante Verschlechterungen im Nachtschichtsystem und den Plan der Regierung, Wochenendschichten als normale Arbeitszeit zu werten.

Die Assistenzärzte skandalisierten, dass sie durch die langen Arbeitszeiten überlastet und übermüdet seien, wodurch auch die Patientensicherheit gefährdet werde.

An zwei Punkten war der Streik jetzt bereits erfolgreich:

Insgesamt wurden 4 000 Operationen abgesagt. Dass dies gelang, dazu hatte der NHS durch Personalabbau und Privatisierung selbst beigetragen. Gesundheitsminister Jeremy Hunt hatte bereits die Obergrenze von acht Patienten pro Pflegekraft abgeschafft. Nun wollte man durch Ausrufung eines angeblichen „Notstandes“ die Streikenden zur Arbeit zwingen – was misslang.

Der Streik erhielt eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung. Viele Menschen brachten den Streikposten Essen und Getränke. Solidarisch zeigten sich auch viele Medizinstudenten, die derzeit gegen die für 2017 geplante Streichung von Ausbildungsdarlehen kämpfen. Dies würde für viele eine Verschuldung von über 60 000 Pfund (80 000 Euro) bedeuten.

Bei der Berufsgruppe der Assi­s­tenzärzte ist eine Politisierung feststellbar, die zu einem höheren Organisationsgrad in der British Medical Association (BMA) führte.

Auch die Politik musste das Anliegen der Ärzte aufgreifen: Der neue Labour-Parteivorsitzende Jeremy Corbyn sandte eine Grußadresse, sein Schattenminister John McDonnell besuchte Streikposten. Seit Jahrzehnten ist dies das erste Mal, dass die Führung der Sozialdemokraten Arbeitskämpfe ausdrücklich unterstützt. Corbyns Vorgänger Ed Miliband hingegen hatte Streiks regelmäßig verurteilt.

Und auch der NHS bewegte sich: Der für den 26. Januar geplante 48-Stunden-Streik wurde ausgesetzt, da die „Arbeitgeberseite“ des NHS nun zu Verhandlungen bereit sei. Sollte es keine Ergebnisse geben, planen die Assistenzärzte für den 10. Februar zudem einen weiteren, neunstündigen Streik.

Die Assistenzärzte sind auch gut beraten, auf ihre eigene Kraft zu vertrauen und bei fehlenden konkreten Ergebnissen den Arbeitskampf wieder aufzunehmen. Denn nur so werden sie ihre Forderungen durchsetzen können. Deutlich ist auch geworden, dass nicht nur die Beschäftigten im Gesundheitswesen in der BRD dringend eine Entlastung brauchen, sondern auch die in anderen Ländern.

Die Ursache ist dieselbe: Der Kapitalismus lässt Gesundheit zur Ware verkommen und unterwirft sie der Profitlogik. Das gefährdet die Beschäftigten und die Patienten.

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"4 000 Operationen abgesagt", UZ vom 5. Februar 2016



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