Deutsche Wohnen bereichert sich dank Kriegspropaganda

31 Prozent Mieterhöhung gegen Putin

In Berlin-Spandau plant der Konzern Deutsche Wohnen, der seit ungefähr einem Jahr zum Immobilienriesen Vonovia gehört, außergewöhnlich hohe Mieterhöhungen. Möglich werden sollen diese durch die Modernisierung von gut 1.100 Wohnungen in der Spandauer Wohnsiedlung An der Kappe aus den 1920er Jahren, die sich früher einmal im Besitz der landeseigenen GEWOBAG befanden und seit 2016 zu Deutsche Wohnen gehören. Denn zum Beispiel durch energetische Sanierung dürfen, zusätzlich zu ohnehin gesetzlich erlaubten Mieterhöhungen, bis zu 8 Prozent der Modernisierungskosten anteilig auf die Jahresmiete der einzelnen Wohnung abgewälzt werden, was dann auf die monatliche Miete umgelegt werden kann. Das Online-Format „Ratgeber Immowelt“ liefert unter der Rubrik „Worauf Vermieter achten sollten“ gleich ein Rechenbeispiel: „Betragen die anteiligen Modernisierungskosten für eine Mietwohnung 10.000 Euro, so kann der Vermieter die Jahresmiete nach der Modernisierung um 800 Euro, die monatliche Miete also um rund 67 Euro erhöhen.“ Für das Spandauer Beispiel war zu erfahren, dass die Kaltmiete für eine rund 41 Quadratmeter große Wohnung von bisher 263 Euro monatlich auf knapp 346 Euro steigen würde, was einer Mietsteigerung von circa 31 Prozent entspräche (Berliner Zeitung, 14. August).

Argumentiert wird von Seiten der Immobilien-AGs immer häufiger mit der Notwendigkeit des Energieeinsparens. Gerade der Ukraine-Krieg dient zunehmend als Begründung dafür, dass dem Immobilienkapital „leider“ keine andere Möglichkeit bleibe, zumal man sich ja vollkommen in Einklang mit der Linie der Regierungspolitik bewege. So lässt sich ein anonymer Sprecher der Deutsche Wohnen folgendermaßen zitieren: „Steigende Energiekosten können kein Argument dafür sein, auf Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs zu verzichten.“ Darüber hinaus beinhalte die Sanierung eine Vielzahl von Instandsetzungsarbeiten, darunter die Erneuerung der Balkone, Treppenhäuser, Dächer, Hauseingangsbereiche und Außenanlagen – Maßnahmen, welche die Wohnqualität maßgeblich erhöhten und deren Kosten allein die Deutsche Wohnen trage. Der Sprecher verliert kein Wort darüber, dass derartige Arbeiten eigentlich als Instandhaltung nicht auf die Mieter umlegbar sind, auch nicht teilweise. Und auch kein Wort dazu, dass die explodierenden Heiz- und Energiekosten noch zu den erhöhten Mieten dazukommen werden.

Das oben erwähnte Online-Portal äußert geradezu bedauernd die Feststellung, dass öffentliche Förderungen und Zuschüsse bei einer Modernisierungsmieterhöhung allerdings nicht angesetzt werden dürften und dass von den Kosten der Modernisierung die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen abzuziehen seien. Ähnliche Argumente liefern die bürgerlichen Mietervertreter. Sie rufen nach vermeintlichen Kompromissen, etwa Kostenbegrenzungen oder einer genauen Prüfung der Modernisierungs- beziehungsweise Instandhaltungskosten. Und sie schlagen schließlich oft Abkommen von Landes- und Bezirkspolitik mit den einzelnen Wohnungskonzernen vor, die meist den „Verzicht“ auf allzu starke Mieterhöhungen gegen eine wie auch immer geartete „Ausgleichszahlung“ aus öffentlichen (Steuer-)Kassen beinhalten. „Kompromiss“ bedeutet hier also immer, die Forderungen der Konzerne abzumildern, sie „nicht ganz so drastisch“ ausfallen zu lassen, oder aber staatliche Finanzierung der Gewinne der Immobilienhaie.

Das Ganze ist ein zurzeit überall in Deutschland zu beobachtendes Phänomen. Mit den Vorwänden „Energiekrise“, „Frieren gegen Putin“ oder auch „Inflation“ sollen die Mieten drastisch erhöht werden. Da immer stärker absehbar ist, dass viele Mieter nicht mehr können, soll dann der Steuerzahler für sie einspringen – indem auch von Seiten der Immobilienkapitalisten mal öffentliche Fördermittel, dann wieder die Erhöhung der Kostenübernahme durch die „Jobcenter“, oder aber wieder mal die Erhöhung des Wohngelds eingefordert werden. Wo genau die somit auch künftig sicher sprudelnden Gewinne herkommen, ist den Herren egal. Sicher ist jedoch, dass sie letztlich aus den Reihen der Arbeiterklasse erwirtschaftet werden.

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"31 Prozent Mieterhöhung gegen Putin", UZ vom 26. August 2022



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