162 000 für 162 000

Die Gewerkschaft ver.di hatte die Klinikbeschäftigten zu einer Protestaktion an diesem Mittwoch (24. Juni) aufgerufen, um auf die 162 000 Beschäftigten aufmerksam zu machen, die in den Krankenhäusern fehlen, allein 70 000 davon in der Pflege. Diesen Personalmangel hat ver.di mit dieser historisch einmaligen Aktion sichtbar gemacht. Von Flensburg bis zum Bodensee – überall wiesen die Beschäftigten der Kliniken auf ihre fehlenden Kolleginnen und Kollegen hin – und zwar zeitgleich.

Seit Jahren fordern Sachverständige und Gewerkschaften eine gesetzliche Personalbemessung in Krankenhäusern. Dies sei „ein wichtiger und überfälliger Schritt“, so Michael Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung. „Durchschnittlich ist in Deutschland eine Pflegekraft in ihrer Schicht für zehn Patienten zuständig. In Norwegen sind es im Vergleich vier, in der Schweiz sechs.“ Einer Studie aus dem angelsächsischen Raum zufolge geht die Sterberate für jede zusätzliche Pflegestunde pro Pflegetag um 1,98 Prozent zurück. Das heißt im Umkehrschluss: Die Personalnot in den Kliniken kostet Menschenleben.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sagt: „Abnehmende Pflegekapazitäten und zunehmende Risiken für die Patienten sind (…) zwei Seiten einer Medaille.“ So nehme die Fehlerquote bei Medikamentengaben, Verbandswechseln und Hygienemaßnahmen aufgrund des fortgesetzten Stellenabbaus zu. Die Krankenhäuser bräuchten ausreichend Mitarbeiter, und das sei nur mit einer gesetzlichen Personalbemessung zu erreichen. Auf diesem Weg könne auch der hohen Arbeitsbelastung und damit dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden.

Damit die Aktion ein Erfolg wird, wird ver.di intensive Gespräche auf den Stationen und in den Abteilungen führen. Das ist ein Weckruf, sich die Zustände nicht länger gefallen zu lassen. Es ist ein Signal zur Gegenwehr. Das kann einen Bewusstseinsschub auslösen, der weit über die Krankenhäuser von Bedeutung sein könnte.

Einen solchen Bewusstseinsschub haben die Kolleginnen und Kollegen der Berliner Charité offenbar schon gehabt: So haben sie im April dieses Jahres zwei Tage lang die Arbeit niedergelegt, nun sind sie im unbefristeten Streik. Sie fordern einen Tarifvertrag für mehr Personal. Das war der erste Streik für mehr Personal im Krankenhaus. Ein nachahmenswertes Beispiel.

Quelle: „Heisse Eisen“ Extra,

Informationen der DKP Dortmund

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"162 000 für 162 000", UZ vom 26. Juni 2015



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit