„Der Ruhrbergbau (und in ähnlichem Verhältnis das gesamte Deutschland) (ist) auf ausländische Arbeiter angewiesen. Diese Zuwanderung bringt einmal Vorteile mit sich, die nicht zu unterschätzen sind. Nachdem unsere Arbeiterschaft sich unbestritten zu einer höheren Kulturstufe und höherem wirtschaftlichem Niveau aufgeschwungen hat, kann es in gewisser Weise als erfreulich bezeichnet werden, dass für die Verrichtung der niederen Arbeiten anspruchslose ausländische Arbeiter zur Verfügung stehen.
Die ausländischen Arbeiter sind in ihren Lebensforderungen einfacher als die einheimischen. Für Ernährung, Wohnung und Kleidung sind ihre Ansprüche so gering, dass Italiener mit etwas über 1 M pro Tag auskommen können. Manche Arbeiten können ohne Ausländer überhaupt nicht ausgeführt werden. Bei großen Erdarbeiten, Kanal- und Chausseebauten sind ausländische Arbeitskräfte fast ausschließlich die einzigen, die zur Verfügung stehen. (…)
Dabei entsprechen die Leistungen der Ausländer bei diesen Arbeiten, die an Kraft und Ausdauer besondere Anforderungen stellen, vollkommen denen der einheimischen; bei qualifizierten Arbeiten reichen sie jedoch nicht an die der einheimischen Arbeiter heran.
Des weiteren kommt noch das Moment hinzu, dass es bei einer Erleichterung auf dem Arbeitsmarkt oder im Falle einer wirtschaftlichen Krisis leichter sein wird, ausländische Elemente abzustoßen, als wenn ausschließlich einheimische Arbeiter in Betracht kommen. (…)
Aber diesen Vorteilen stehen auch auf der anderen Seite erhebliche Nachteile gegenüber. (Diese Nachteile) haben im Laufe der Zeit zu verschiedenen Maßnahmen geführt, um die ausländischen Arbeiter hinsichtlich ihrer Zulassung sowohl wie der Art und des Umfanges ihrer Beschäftigung bei uns Beschränkungen zu unterwerfen.“
Vortrag von Regierungsassessor B. Bodenstein vor der Versammlung der Hauptstelle Deutscher Arbeitgeberverbände, 27. Juni 1908, Berlin, zit. n.: Dieter Fricke: Der Ruhrbergarbeiterstreik von 1905, Berlin 1955, S. 160f.