Die DGB-Führung hat mit Verweis auf die Pandemie nicht zu größeren Demonstrationen am 1. Mai mobilisiert. Trotzdem organisierten bundesweit Gewerkschaftsgliederungen und linke Organisationen Demonstrationen und Kundgebungen gegen die sozialen Auswirkungen der Lockdown-Politik, die Einschränkung demokratischer Rechte, die verheerenden Zustände im Gesundheitswesen, steigende Mieten und gegen faschistische Aufmärsche. Die Behörden behinderten Demonstrationen, die Polizei griff in einigen Städten Demonstranten an.
Bereits im vergangenen Jahr hatte der DGB die üblichen Demonstrationen zum 1. Mai weitgehend abgesagt. Auch in diesem Jahr war das zentrale Element der DGB-Aktivitäten ein Livestream unter dem Motto „Solidarität ist Zukunft“. Der Geschäftsführende Bundesvorstand schätzte in seinem Statement ein, in der Krise sei die „Solidarität aufgeblüht“ und verwies auf Kinderkrankentage und Zusatzzahlungen für Erwerbslose als Erfolge der Gewerkschaften. Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke sagte, in den vergangenen Tarifrunden hätten die Gewerkschaften gezeigt, dass sie sich „nicht vom Corona-Krisengeschwafel der Arbeitgeber haben einlullen lassen“.
Insgesamt war das Auftreten des DGB vom Gedanken der Sozialpartnerschaft geprägt: „Nur gemeinsam mit allen Beschäftigten und mit Unternehmen, die ihrer gesellschaftliche Verantwortung gerecht werden und nicht auf schnelle Profite setzen, wird es uns gelingen, rasch die Krise zu überwinden“, verbreitete der DGB in seinem Mai-Aufruf. In einer Sondersendung der ARD behauptete der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, die „milliardenschweren Rettungsprogramme für die Wirtschaft waren richtig“, sie hätten Beschäftigung gesichert und „Unternehmen vor dem Absturz“ geschützt.
In einigen Städten hatten die Behörden linke und gewerkschaftliche Demonstrationen verboten, weil angeblich der Infektionsschutz nicht zu sichern sei. In Essen sorgte die Polizei dafür, dass die NPD trotz antifaschistischer Blockadeversuche demonstrieren konnte. In Frankfurt am Main und in Berlin griff die Polizei linke Demonstrationen an und verletzte zahlreiche Teilnehmer, teils schwer.
Die DKP beteiligte sich an den vielen Aktivitäten und orientierte trotz der Absage kämpferischer Mai-Demonstrationen durch den DGB auf dessen Kundgebungen. Zusätzlich arbeitete sie in linken und gewerkschaftlichen Bündnissen mit, teilweise rief sie wie in Hamburg selbst zu Demonstrationen und Kundgebungen auf. Der DKP-Vorsitzende, Patrik Köbele, kritisiert den zurückhaltenden Kurs des DGB als „völlig falsches Signal“. „Wir brauchen die Gewerkschaften in dieser Krise auf der Straße“, so Köbele. Das Abwälzen der Krisenlasten, der Abbau demokratischer Rechte, Angriffe auf die Versammlungsfreiheit und wachsende Kriegsgefahr und -hetze machten gewerkschaftlichen Widerstand dringend notwendig. Allerdings hätten örtliche Bündnisse und Gewerkschaftsgliederungen „Teile des Vakuums“ füllen können, das der DGB geschaffen habe, indem er „vielerorts demobilisiert“ habe. Dieser 1. Mai brauche eine kritische Auswertung in den Gewerkschaften.
Bei den Aktionen betonte die DKP, dass die Corona-Politik der Bundesregierung an den Interessen der Unternehmen ausgerichtet sei: Während die Arbeiterklasse gezwungen sei, die Folgen der Lockdowns weitgehend selbst zu bewältigen, gebe es für Konzerne entweder gute Gelegenheiten für Geschäfte oder umfassende staatliche Hilfen.