Dieter Hallervorden am Antisemitismus-Pranger

Krieg im Kopf

Wenn es um die Durchsetzung der deutschen Staatsräson geht, dann rückt der deutsche Blätterwald von „Neues Deutschland“ über „Spiegel“ bis zur Springer-Presse und „FAZ“ zusammen. Da darf dann auch der ausgestoßene Ex-Bild-Chef Julian Reichelt wieder mitmachen. Aktueller Anlass ist ein Video, in dem der Kabaretist Dieter Hallervorden fragt, ob das israelische Vorgehen in Gaza kein Völkermord sei.

Keine Unterstellung ist dabei zu blöd. Kritik an der Politik des Staates Israel sei dasselbe, wie Juden auf Grund ihrer Religion abzulehnen oder zu ermorden. Da hat eine „Flasche Pommes frites“ mehr Logik.

Der Angriff ist vielleicht auch so scharf, weil das Lied aus der Feder von Diether Dehm stammt. Didi und Diether gemeinsam verschrecken die scheinheilige Blase des Wertewestens. Von Völkermord will man darin nichts wissen, das wäre schlecht fürs (Waffen-)Geschäft. Diejenigen, die nur Krieg im Kopf haben, nennen ihn „Recht auf Verteidigung“ oder „Verteidigung unserer Freiheit“. Oder wie K. I. Z. rappen: „Na klar sind wir für Frieden, doch erst müssen wir gewinnen“. Allen, die „Ein bisschen Frieden“ singen, wird terroristischer oder russischer Honig im Kopf vorgeworfen.

Da nutzt auch das Grüßen des Gesslerhuts nichts. Hallervordens Verurteilung der Hamas zählt genauso wenig wie Wagenknechts Distanzierung von Putin. Wer auch nur ein bisschen aus den Reihen der Heimatfront ausschert, wird vor die Tür gesetzt.

Vor dieser steht die Friedensbewegung und natürlich die Kommunisten. Hier steht nun auch Hallervorden – vermutlich unfreiwillig. Noch bei der letztjährigen Abgeordnetenhauswahl in Berlin hatte er die CDU unterstützt.

Außerhalb der bellizistischen Blase ist die Sicht auf die Welt eine andere. Das machen die Kommentare unter Hallervordens Video deutlich. Der beliebte Schauspieler spricht vielen aus der Seele: „Danke, Herr Hallervorden, für Ihr Engagement für Frieden und Gerechtigkeit auch für die Palästinenser. Ein deutscher Mitbürger mit jüdischen Wurzeln.“ „Mit ergreifenden Worten die Gefühle jedes anständigen Menschen ausgedrückt, dafür wie erwartet mit der Antisemitismus-Keule geschlagen. Danke, Didi, für Deine Worte und Dein Rückgrat!! Den selben Dank auch an Diether Dehm und Jens Fischer Rodrian!“

kurzelinks.de/GazaGaza

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Krieg im Kopf", UZ vom 26. April 2024



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