Kein Mitgefühl

Seit Ende Dezember läuft der Strafprozess gegen fünf der Polizisten, die an dem tödlichen Einsatz gegen den 16-jährigen Geflüchteten Mouhamed Lamine Dramé am 8. August 2022 in der Dortmunder Nordstadt beteiligt waren. Mittlerweile haben sich alle Angeklagten zu den Vorwürfen gegen sie geäußert. Nur einer von ihnen, der mutmaßliche Todesschütze Fabian S., hat der Familie des Opfers sein Mitgefühl ausgesprochen und Anflüge von Bedauern formuliert.

Die Menschenverachtung der Polizisten auf der Anklagebank und ihrer Kollegen im Zeugenstand stößt Prozessbeobachtern bitter auf. Sie steht in starkem Kontrast zu der menschlichen Wärme, die als Zeugen geladene Sozialarbeiter ausstrahlen.

Der Umgang des Gerichts, der Staatsanwaltschaft und der Strafverteidiger mit diesen Sozialarbeitern ist mitunter harsch. Der Vorsitzende Richter Thomas Kelm behandelt die Polizisten deutlich freundlicher – auch die auf der Anklagebank. Zu einem Eklat kam es am 14. Prozesstag, als Strafverteidiger Lars Brögeler einer Zeugin „intentionale Falschaussage“ vorwarf und einen Journalisten beleidigte. Einen Verhandlungstag später äußerte sich erstmals die letzte der fünf Angeklagten, Pia Katharina B. Ihre Einlassung legt nahe, dass zwei ihrer Kollegen im Zeugenstand uneidliche Falschaussagen gemacht hatten: Einer, als er eine Beziehung zu B. auf mehrmalige Nachfrage der Staatsanwaltschaft hin leugnete, und ein Kommissaranwärter, der abgestritten hatte, sein Aussageverhalten mit B. abgesprochen zu haben.

Wir berichten im UZ-Blog ausführlich über den Prozess, bei dem sich zum ersten Mal in der Geschichte der BRD ein Polizist wegen Totschlags im Amt verantworten muss.

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"Kein Mitgefühl", UZ vom 28. Juni 2024



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